Rund 50.000 zur zweiten Impfung aufgerufen (Archivbild)

AstraZeneca: Müsste Österreich auch endlich Altersgrenzen einführen?

Die EMA schätzt das Risiko des AstraZeneca-Impfstoffs für junge Menschen bei niedrigen Inzidenzen als relativ hoch ein. Müsste man die Impfpläne anpassen?

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Anfang des Jahres hatte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) grünes Licht gegeben. Der Vektor-Impfstoff des schwedischen Herstellers AstraZeneca war für alle Personen über 18 zugelassen worden, und Österreich war dieser Empfehlung gefolgt. Doch nun reichte die EMA eine Risiko-Nutzen-Abschätzung nach. Daraus geht hervor: Das Risiko, schwere Thrombosen zu erleiden, ist für junge Menschen relativ hoch. Bei einer mittleren Inzidenz, in der wir uns derzeit in Österreich befinden, überwiegt der Nutzen der Astra-Zeneca-Impfung für Menschen unter 30 das Risiko demnach nicht. Zumal auch andere Impfstoffe zur Verfügung stehen. Fällt die Inzidenz weiter, so gilt das auch für Menschen unter 60, so die EMA.

In Deutschland, wo seit dem Auftauchen schwerer Thrombosen nur noch Menschen über 60 geimpft wurden, stellten Neurologen zudem Probleme bei älteren Frauen fest. Sie dürften ein ähnlich hohes Risiko wie junge Frauen haben, an VITT zu erkranken (während Männer deutlich seltener betroffen sind). Die Vakzine-induzierte immunogene thrombotische Thrombozytopenie, wie die sehr seltene Nebenwirkung in Fachkreisen heißt, kann zu Sinusvenenthrombosen, Schlaganfällen und Hirnblutungen führen. Verantwortlich dafür ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Vektor, also jener Trägervirus, der den Bauplan von SARS-Cov-2 in den Körper schleust. Wichtig ist: Geimpfte sollten unverzüglich einen Arzt aufsuchen, wenn länger als drei Tage nach dem Stich Symptome wie Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Luftnot, Brust- oder Bauchschmerzen, Übelkeit, Beinschwellung oder Hauteinblutungen abseits der Injektionsstelle auftreten.

Wird Österreich auf die neuen Erkenntnisse reagieren und, wie viele andere Länder auch, eine Altersgrenze einführen? Nein. Man bleibe beim Status quo, also der Impfung ab 18 Jahren, so das Gesundheitsministerium auf profil-Anfrage. Allerdings: "In Österreich wird AstraZeneca derzeit aufgrund der vorhandenen und erwarteten Liefermengen hauptsächlich für Zweitstiche verwendet."

Bisher zählte das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen offiziell neun Fälle schwerer Thrombosen nach AstraZeneca-Impfungen. Recherchen von profil zufolge dürften aber bereits mehr als 30 Verdachtsfälle gemeldet worden und in Überprüfung sein (was vom Ministerium nicht kommentiert wurde).

Trotz allem: Alle drei derzeit in Österreich erhältlichen Impfstoffe sind enorm wirksam und schützen zu hohen Prozentsätzen vor Covid-19. Bei mRNA-Vakzinen überwiegt der Nutzen das Risiko zudem in allen Altersklassen bei Weitem.

 

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.