Biochemikerin Schroeder: "Die Wissenschaftspolitik ist kurzsichtig"
profil: Man hat Sie gefragt, ob Sie die Leitung des FWF übernehmen würden. Warum haben Sie abgelehnt? Renée Schroeder: Ich habe keine Lust auf Mangelverwaltung. Ich gehe in zweieinhalb Jahren in Pension, bis dahin möchte ich meine aktuelle Forschung abschließen und mich dann meinem Bauernhof und meinen Enkeln widmen. Das Amt der FWF-Präsidentin wäre ein Vollzeitjob für die kommenden vier Jahre. Es gäbe nur eine Bedingung, die mich dazu bringen könnte, den Wissenschaftsfonds zu managen: Für eine Verdoppelung des Budgets auf 400 Millionen Euro pro Jahr würde ich es machen. Verglichen mit den 600 Millionen, welche die angewandte Forschung bekommt, ist das immer noch wenig. Es ist so kurzsichtig von der Politik, die Grundlagenforschung zu vernachlässigen!
profil: Würden Sie heute ohne die Förderungen des FWF noch in Österreich forschen? Schroeder: Nein. Der FWF hat mich immer wieder gerettet. Ohne ihn wäre ich bestimmt gar nicht in die Forschung gegangen. Am Anfang meiner Karriere lief gerade das Erwin-Schrödinger-Programm an, ein Auslandsstipendium mit Rückkehrphase für Jungwissenschafter. Ich schätze, dass 80 Prozent meiner Forschung vom FWF gefördert wurden. Bis 2008 ist es ganz gut gelaufen für den Wissenschaftsfonds, seither geht es bergab. Die Jungen mit visionären Ideen gehen in die Schweiz, nach Deutschland oder in die USA.
profil: Was würden Sie ändern? Schroeder: Viele Projekte können nicht gefördert werden, obwohl sie exzellente Gutachten bekommen haben. Trotzdem müssen die Forscher ihre Ideen überarbeiten und wieder einreichen. Da fühlen sich sowohl die Wissenschafter als auch die Gutachter verarscht. Ich würde alle positiv bewerteten Anträge in einen Topf geben und ziehen. Wer nicht gezogen wird, kommt automatisch in die nächste Runde. Das erspart allen Zeit und Nerven. Mit mehr Budget könnten wir zudem ohnehin mehr Projekte fördern.