Wissenschaft

Brustkrebsstudie: Chemotherapie-Erfolg hängt vom Menstruationszyklus ab

Belgische Forscherinnen entdeckten den Effekt des Gelbkörperhormons auf die Tumorzellen bei Mäusen – und fanden ihn auch bei Menschen.

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Die belgische Forscherin Colinda Scheele war frustriert: Manche ihrer Labormäuse reagierten hervorragend auf die Chemotherapie gegen Brustkrebs, andere wenig bis gar nicht. „Beim Brainstorming mit Kolleginnen kamen wir auf die Idee, dass es etwas mit dem weiblichen Zyklus zu tun haben könnte“, berichtet Scheele im Podcast des Fachmagazins „Nature“. Sie setzte eine neue Versuchsreihe auf, und schnell ergab sich ein Muster: Befanden sich die Mäuse in der ersten Hälfte des Menstruationszyklus, sprachen die Tumorzellen sehr gut auf die Chemotherapie an, in der zweiten sehr schlecht. 

 

Sind die Hormone schuld? 

In der ersten Hälfte des Zyklus dominiert – bei Mäusen wie bei Menschen – das Hormon Östrogen, in der zweiten das Gelbkörperhormon Progesteron. „Auch wenn Tumorzellen keine Rezeptoren für diese Hormone haben, verändern die Hormone offenbar das Umfeld der Tumorzellen. Ist die Progesteron-Konzentration niedrig, dann sind die Krebszellen anfälliger für die Therapie“, sagt Colinda Scheele. Eigentlich sei es unglaublich, dass in der Medizin so wenig auf den Zyklus eingegangen werde, obwohl bekannt sei, wie substanziell er den Körper beeinflusst. Immerhin sind 30 Prozent der Brustkrebspatientinnen unter 50 – und befinden sich somit vor der Menopause.

 

Der Effekt ist auch bei Menschen zu finden

Nicht immer sind Forschungsergebnisse mit Mäusen auf den Menschen übertragbar – also stürzte sich Scheele auf Brustkrebsdaten von Menschen. Sie analysierte die Fälle von Patientinnen des Antoni van Leeuwenhoek Hospital in Amsterdam, die eine sogenannte neoadjuvante Chemotherapie erhalten hatten. Diese soll den Tumor schrumpfen lassen, um Metastasen zu verhindern und ihn anschließend besser operieren zu können. 

Die Ergebnisse waren dieselben wie bei den Mäusen: Hatten die Frauen die Therapie in der ersten Hälfte des Menstruationszyklus erhalten, waren die Tumore geschrumpft. Bei den anderen Frauen hatten sie sich wenig verändert – oder waren sogar gewachsen. Colinda Scheele weist in ihrer eben in „Nature“ erschienen Studie allerdings darauf hin, dass sie mit 55 Patientinnen eine sehr kleine Gruppe untersucht habe, noch dazu retrospektiv. Weitere Studien seien nötig.

Das Timing ist der Schlüssel

Aber wirft die Chemotherapie nicht den Zyklus völlig durcheinander? Viele Frauen berichten vom Ausbleiben der Regel oder unregelmäßigen Blutungen. Auch diesen Effekt beobachteten Scheele und ihr Team vom Center for Cancer Biology in Leuven sowohl bei Menschen als auch bei den Tieren. Ihren Mäusen verabreichte sie die anschließenden Therapien wie üblich im Abstand von einer Woche, ohne Rücksicht auf den ohnehin durcheinander gebrachten Zyklus. Die Chemo blieb weiterhin wirksam. „Es ist, als wäre der Status des Tumors nach der ersten Dosis eingefroren. Das Timing des Starts der Therapie ist der Schlüssel“, sagt Scheele.

 

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.