Corona: Die wichtigsten Erkenntnisse der vergangenen Wochen
1. Erholungswerte
Die Wiederherstellung der Lunge ist ein zähes Ringen-hat aber Aussicht auf Erfolg. Diese Zwischenbilanz ziehen Ärzte der Uni Innsbruck, die 86 Covid -Patienten nach ihrer Behandlung auf der Intensivstation begleiten. Sechs Wochen nach der Entlassung aus dem Spital klagte ein Großteil der Genesenen noch immer über andauernden Husten und Kurzatmigkeit. Die Schäden, die das Coronavirus im Lungengewebe hinterlässt, sind schwerwiegend. CT-Untersuchungen zeigten jedoch, dass sie nicht weiter fortschreiten und die Lunge sich langsam, aber stetig erholt. Voraussetzung dafür sei allerdings eine langfristige und spezifische Rehabilitation, wie sie die Probanden erhalten, sagt Medizinerin Sabina Sahanic. "Es dürfte sich bei einem Großteil um reversible Prozesse handeln."Sie und ihre Kollegen werden die weitere Entwicklung der Patienten noch ein Jahr lang beobachten.
2. Wettlauf der Viren
Könnte herbstlicher Schnupfen Coronaviren ausbremsen? Bei der Schweinegrippe hat dies offenbar funktioniert. Drei Wintersaisonen lang sammelten Forscher der Yale University die Daten von 13.000 Patienten, die mit Atemwegserkrankungen ins Universitätsspital gekommen waren. Nur zwölf von ihnen hatten sich zeitgleich sowohl mit Erkältungserregern als auch mit H1N1-Grippeviren infiziert. Überrascht von dieser minimalen Schnittmenge begaben sich die Immunologen Anchi Wu und Ellen Foxman ins Labor. Sie setzten menschliche Lungenzellen zuerst Rhinoviren aus, drei Tage später Schweinegrippe-Erregern. Letztere konnten den Zellen nichts mehr anhaben: Die Erkältungsviren hatten bereits das Immunsystem angestachelt, antivirales Interferon zu produzieren. "Der schützende Effekt hielt fünf Tage an",berichtet Immunologin Foxman. Nun hofft sie auf ähnliche Ergebnisse bei Studien mit dem Coronavirus.
3. Wiederholungstäter
"Nicht wahnsinnig überraschend" nannte die Wiener Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl den ersten nachgewiesenen Fall eines 33-Jährigen aus Hongkong, der im März leicht an Covid-19 erkrankt war und sich im August erneut infiziert hatte. Ein Wiederaufflammen der alten Infektion konnten seine Ärzte ausschließen. Der zweite Virusstamm unterschied sich deutlich vom ersten, er hatte ihn bei einer Europareise aufgeschnappt. Offenbar hatte die erste Infektion den Mann nicht vor der zweiten geschützt, aber vor dem erneuten Ausbrechen der Krankheit. Auch bei lange bekannten Winter-Coronaviren gebe es Menschen, die mehrere Jahre hintereinander mitunter sogar am gleichen Virusstamm erkranken, so Puchhammer-Stöckl. In Österreich wurde bisher keine Neuinfektion nachgewiesen, jedoch tauchte in den Niederlanden und in Belgien je ein Fall auf. Für einen künftigen Impfstoff heißt das wahrscheinlich, dass er immer wieder aufgefrischt werden muss. "Es scheint klar zu sein, dass wir keine Impfung haben werden, die zehn Jahre lang funktioniert",sagte Virologe Marc Van Ranst. Er hatte über die neuinfizierte Patientin in Belgien berichtet.
4. Impfstopp
Der Wirkstoff des britisch-schwedischen Pharmaunternehmens AstraZeneca war einer der neun erfolgreichsten gegen das Coronavirus. Nun darf er in klinischen Tests vorerst nicht mehr verabreicht werden. Der Grund: Eine britische Probandin dürfte laut Medienberichten an einer Transversen Myelitis erkrankt sein, einer Entzündung des Rückenmarks, die vorübergehende Lähmungserscheinungen auslösen kann. Die Patientin hat sich nach einem Spitalaufenthalt erholt. Ob die Krankheit eine Nebenwirkung des Impfstoffes ist, wird jetzt eine unabhängige Kommission klären. Die Ursachen könnten freilich auch andere sein: Polio-oder Enteroviren kommen ebenso infrage wie Multiple Sklerose. Tatsächlich ist das Aussetzen von Studien in der letzten Phase, in der Tausende Probanden getestet werden, nicht ungewöhnlich und ein Zeichen für die funktionierende Qualitätskontrolle. Das von der Oxford University mitentwickelte Serum ist ein sogenannter Vektor-Impfstoff, der Erbinformationen des Coronavirus in den Körper einschleust. Als Taxi fungiert ein von Affen stammendes Adenovirus. Sollte sich diese Art des Wirkstoffs als problematisch herausstellen, gibt es dennoch Hoffnung für eine Impfung. RNA-Impfstoffe sind ebenfalls in der letzten Testphase und kommen ohne Taxi-Viren aus.