Coronavirus: Wie man erfährt, wann man geimpft wird
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Drängen sich Unternehmen der kritischen Infrastruktur vor?
Ein internes Schreiben von Alexander Wrabetz ließ Anfang Jänner die Wogen hochgehen: Der ORF-General schrieb an die Belegschaft, dass es "in intensiven Gesprächskontakten mit dem Gesundheitsministerium" gelungen sei, den ORF als kritische Infrastruktur in die Phase zwei der Bundesimpfstrategie zu bringen. Impfmöglichkeiten würden auch für Angehörige von Mitarbeitern bestehen, ein vager Zeitraum sei mit "Ende Februar, Anfang März" in Aussicht gestellt. In den sozialen Medien gab das Schreiben Grund für Spott und Entrüstung. Abgesehen vom Aufreger im Netz war es jedoch nicht wirklich "breaking". Dass der ORF zur "kritischen Infrastruktur" gezählt wird, ist bekannt - wie rund 400 weitere heimische Unternehmen.
Für "Personen kritischer Infrastruktur" sah der ursprüngliche Impfplan tatsächlich eine Reihung in Phase zwei vor. Diese war für Ende Februar angesetzt. Ob dieser Zeitplan hält, ist aber fraglich. Immerhin scheinen die Unternehmen deutlich besser vorbereitet als etwa Alten-oder Pflegeheime. Viele haben ihren Bedarf an Impfungen bereits erhoben und auf der entsprechenden Plattform der Wirtschaftskammer (WKO) beziehungsweise der Bundesbeschaffungsbehörde eingemeldet. Die WKO spricht von einem "sehr großen Interesse" der Betriebe. "Wir haben eine Impfstrategie vorbereitet, um alle 46.000 Mitarbeiter, die das wollen, zu impfen. Wir wären in der Lage, das sehr rasch umzusetzen",sagt etwa Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Auch bei der Wiener Städtischen Versicherung sieht man sich "bestens vorbereitet". Doch wann oder gar mit welchem Impfstoff die Unternehmen ihre Mitarbeiter impfen werden können, ist noch im Dunkeln. Denn den Impfstoff direkt bei den Pharmafirmen zu bestellen, ist für die Unternehmen nicht möglich.
Warum ging es mit dem Impfen so langsam los?
Erst kam das "Show-Impfen", dann das "Gar-nicht-Impfen". Anfang Jänner saß Österreich bereits auf über 100.000 Impfdosen des Herstellers BioN-Tech/Pfizer, doch nur ein Bruchteil davon wurde - punktuell vor allem in Pflegeheimen - verabreicht. Die Empörung war groß, als selbst Bundesimpfkoordinator Clemens Auer keine befriedigenden Antworten auf den schleppenden Impffortschritt hatte. Tatsächlich dürften sowohl Bund als auch Länder mit den prompten Liefermengen überfordert gewesen sein. Eine breitere Verimpfung bei den Risikogruppen der Phase eins war ursprünglich erst für den 12. Jänner geplant.
Dann wurde es hektisch: Im Bundeskanzleramt telefonierte man mehrere Bundesländer durch - und gab die Order aus: Impfen, was geht. Das führte in der ersten Jännerwoche zu mitunter seltsamen Vorgängen. In Vorarlberg etwa wurde die erste Tranche nicht (nur) in Altenheimen und an Mitarbeiter im Gesundheitsbereich verimpft, sondern auch an Mitarbeiter von 1450 oder Angehörige von Rot-Kreuz-Angestellten-Alter egal. "Wenn jemand seinen Partner mitbringt, ist es auch kein Problem. Es gilt: Geschwindigkeit zählt", hieß es etwa in einem Rot-Kreuz-internen Mail vom 8. Jänner.
Wann werden die über 80-Jährigen geimpft?
Jedes Bundesland entscheidet derzeit, wer, wo und wann drankommt vorausgesetzt, man zählt zur priorisierten Gruppe in Phase eins: Gesundheitspersonal, Pflegeheimbewohner, Hochrisikopatienten und Personen über 80 Jahre. Die neun verschiedenen Impfstrategien sorgen aber nicht unbedingt für mehr Übersichtlichkeit. Ein Beispiel: In Kärnten und Oberösterreich bekommen über 80-Jährige bereits ab diesem Wochenende beziehungsweise in der anlaufenden Woche Impftermine. In Kärnten wurden hierfür alte Menschen proaktiv von ihren Gemeinden kontaktiert, und bekommen nach einem Abklärungsgespräch mit dem Hausarzt einen Termin in den Kassenzentren des Bezirks. Anders in Wien: Dort sind über 80-Jährige erst ab Mitte Februar dran - auf sie soll etwa bei ambulanten Behandlungen oder seitens des Hausarztes zugegangen werden. Auch in Salzburg und Niederösterreich sind alte Menschen, die nicht in Heimen wohnen, erst ab Februar an der Reihe.
Wien setzt vor allem auf institutionelles Impfen. Höchste Priorität hatten hier zu Beginn die Covid-Stationen - 95 Prozent der dort tätigen Ärzte waren bis letzte Woche geimpft. Kärnten wird hingegen an den Covid-Stationen erst ab 19. Jänner impfen lassen. Man sieht: Selbst unter den eng umfassten Gruppen der Phase eins gibt es deutliche Unterschiede im Zeitplan. Der Wettlauf unter den neun Länderstrategien hat jedenfalls bereits jetzt das Potenzial, zum Politikum zu werden. Eine Folge sind verärgerte Mails von älteren Personen an Gesundheitsbehörden oder Ärzte, die wissen möchten, wann sie sich impfen lassen können - jedoch keine brauchbaren Antworten erhalten.
Das Beispiel Dänemark zeigt, wie es auch gehen könnte: Dort bekommt man eine Nachricht aufs Handy, anschließend kann man online einen Impftermin buchen. Derart sollen bis Ende Juni alle 5,8 Millionen Einwohner, abzüglich der Kinder, versorgt sein. Möglich machen das die effiziente Digitalisierung und zentral gespeicherte Patientendaten.
Wie erfahren Jüngere, wann sie drankommen?
Phase eins ist angelaufen und so weit bekannt; die weiteren Schritte sind noch vager gehalten. Vorgesehen wären in der nächsten Phase Menschen mit Vorerkrankungen, Personen über 75 Jahre und in weiterer Folge über 65 Jahren, sowie Berufsgruppen in köpernahen Berufen und der kritischen Infrastruktur. Nach derzeitigem Stand soll Phase zwei noch im ersten Quartal - ab Februar bis April - starten. Demnach könnten sich Phase eins und zwei überlappen - der derzeitige Wiener Impfplan rechnet mit einer Durchimpfung der allerersten Gruppen etwa noch bis April.
Phase drei betrifft die allgemeine Bevölkerung. Bundesländer wie Wien, Niederösterreich oder Vorarlberg richten ab Montag eine Online-Plattform für ein Vormerksystem ein. Hier kann jeder impfwillige Bürger Interesse bekunden. Abgefragt werden neben soziodemografischen Daten etwa Risikofaktoren. Eine Vormerkung bedeutet jedoch noch keinen konkreten Termin. Je nach Impfstoffverfügbarkeit und Priorisierung werden die Vorgemerkten direkt über mögliche Impftermine informiert. Das kann freilich Wochen oder Monate dauern. Das Tool soll auch die Behörden bei der Planung der nächsten Phasen unterstützen. Dieses Wochenende läuft in Wien mit Impfstraßen für medizinisches Personal ein erster großer Probedurchgang - möglicherweise eine Blaupause für spätere Phasen. In den Bundesländern scheint man dagegen in erster Linie auf die niedergelassenen Ärzte und Krankenkassenzentren setzen zu wollen.
Was hat beispielsweise Israel besser gemacht?
Mit Ende vergangener Woche hatte bereits rund ein Viertel aller Israelis eine erste Impfdosis erhalten. Damit ist das Land Weltrekordhalter, musste dafür aber auch viel Geld in die Hand nehmen: Während die EU für eine Dosis des Pfizer/BioNTech-Impfstoffs zwölf Euro zahlt, blättert Israel ein Vielfaches hin. Israelische Medien sprechen von 24 bis 46 Dollar pro Impfung. Als im vergangenen Herbst die ersten Berichte über die hohe Wirksamkeit dieses Impfstoffes kamen, bestellte Israel entschlossener, aber eben auch teurer als die EU-und konnte sich so große Mengen sichern. Laut Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Summe acht Millionen Dosen. Doch auch mit anderen Impfstoffherstellern wie Moderna und AstraZeneca schloss Israel Verträge ab. Die kolportierten Bestellmengen reichen, um die gesamte Bevölkerung immunisieren zu können. Wiewohl man sich in dem flächenmäßig kleinen und stark urbanisierten Land mit der Verteilung des Impfstoffes ungleich leichter tut als anderswo, wurde ein dichtes Netz an Impfzentren hochgezogen. Israel profitiert auch von einem äußerst effektiven staatlichen Gesundheitssystem und sehr guter medizinischer Infrastruktur. Patientendaten werden zentral und digital verwaltet, was die Vorbereitung der Impfung enorm erleichtert.