Cyberama von Thomas Vaek Die Netzstürmer
Der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger hat einen dringenden Rat für uns: Wer ein Mobiltelefon besitzt, der werfe es weg, schreibt er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Und das ist nur eine seiner zehn Regeln, wie wir uns der Ausbeutung und Überwachung widersetzen können: kostenlose Netzangebote, Online-Banking, E-Mail, Amazon alles unbedingt zu meiden. Wüsste man nicht, dass Enzensberger auch ein Großmeister der Ironie ist, könnte man glatt denken, er meine es ernst. Und wenn es so wäre: Was für ein unsäglicher Quatsch! So ungefähr das Letzte, was das Netzzeitalter braucht, ist Maschinenstürmerei. Wenn das die Antwort der Intellektuellen auf die Digitale Revolution ist, dann ist es eine armselige Antwort. Es ist hoch an der Zeit, das Netz gegen seine Fundamentalkritiker zu verteidigen, die überall eine Art neoliberale Verschwörung von Konzernen und Geheimdiensten wittern. Diese Art Kritik hat schon gegen den Spätkapitalismus des 20. Jahrhunderts nichts ausgerichtet, und erst recht scheitert sie am Digitalen Kapitalismus unserer Zeit. Das Internet hat einen konkreten Nutzen für große Teile der Menschheit geschaffen. Es bietet Komfort (Online-Banking), erweitert unser Wissen (Google), ermöglicht schnelle, mobile Kommunikation (E-Mail, Handy) und befriedigt soziale Bedürfnisse (Facebook). Die Bedrohung durch die Datensammelei von Konzernen und Geheimdiensten ist zwar real, aber auch abstrakt. Die meisten Nutzer scheren sich wenig darum, solange Google funktioniert und Amazon innerhalb von 48 Stunden liefert. Aus Sicht der Netzkritiker haben die Leute einfach das falsche Bewusstsein. Aber das ist zu simpel gedacht. Statt die Handys wegzuschmeißen, sollten wir lieber nachdenken, wie wir die Souveränität über die mächtigste Technologie, die uns jemals zur Verfügung stand, zurückgewinnen. Wie denken Sie darüber? Bitte schreiben Sie mir: