Cyberama von Thomas Vaek Wir Papiertiger
Seit Jahren nutze ich digitale Terminkalender, To-do-Listen und diverse Organisations-Apps; einschlägige Anwendungen empfehle ich auch gern auf dieser Seite. Die Wahrheit ist allerdings: Ich kehre immer wieder zu Papier zurück. Erst kürzlich habe ich mir wieder einen besonders schlichten Taschenkalender gekauft, nicht zu reden von dutzenden Notizbüchern. Papier ist einfach eine fantastische Technologie, die sich immerhin schon seit ein paar Jahrtausenden hält. Die spannende Frage lautet allerdings, was an Papier eigentlich so toll ist. Meine These dazu ist sehr einfach, sie besteht in einem alten Spruch: Papier ist geduldig. Zum einen ist es einem Stück Papier vollkommen egal, welcher Unsinn darauf geschrieben steht. Zum anderen hat Papier auch sonst Geduld mit seinem Nutzer. Es zwingt ihm nichts auf, es redet ihm nichts ein, es bedrängt ihn nicht.
Bei digitalen Anwendungen ist das ganz anders. Wenn ich etwa meinen digitalen Terminkalender öffne, fühle ich mich sofort genötigt, bestimmte Dinge zu tun und andere zu unterlassen. Da gibt es hunderte Features und Funktionen, die genutzt werden wollen. Da ploppen Termin-Alerts auf, und zwar gleich auf allen Geräten. Da muss man sich sklavisch an irgendwelche Formate halten, die sich irgendwelche oberschlauen Entwickler ausgedacht haben. In einem digitalen Terminkalender kann man nicht einfach herumkritzeln, man kann keine Post-its oder Visitenkarten reinkleben oder ein paar Kaffeeflecken darin verteilen. Mit Papier kann man fast alles machen. Man kann es vollschmieren und zerknüllen, in einem Wutanfall in Stücke reißen, wegschmeißen und sogar essen, wenn es sein muss. Wenn ich alle Umweltbedenken einmal beiseite lasse, dann habe ich das Gefühl, dass Papier eigentlich ein Medium der Zukunft ist. Wie denken Sie darüber?