Cyberama von Thomas Vaek Wir Zielpersonen
Jeder Nutzer wird überwacht. Jeder Klick, jeder Online-Kauf, jedes Facebook-Like hinterlässt eine Spur. Doch es sind nicht nur die Geheimdienste, die an unsere Daten wollen. Es sind vor allem die Internetkonzerne, die immer präzisere Instrumente einsetzen, um unsere wahren Interessen, Vorlieben und Wünsche zu erfahren. Überwachung ist das Geschäftsmodell des Internets, sagt Bruce Schneier, einer der angesehensten US-Sicherheitsexperten: Wir bauen Systeme, die Menschen im Austausch für Daten ausspionieren. Die Konzerne nennen es Marketing. Das Modell ist denkbar simpel: Google, Facebook & Co. stellen uns scheinbar gratis Dienstleistungen zur Verfügung. Im Gegenzug geben wir wertvolle Daten preis, die den Unternehmen helfen, maßgeschneiderte Anzeigen zu verkaufen. Allerdings ist uns das meist kaum bewusst. Bei einer Google-Suche denken wir eben nicht daran, dass wir mit dem Suchbegriff genau die Information liefern, die der Suchmaschinenkonzern benötigt, um die passende Werbung einzublenden. Früher war Werbung ein kreatives Gewerbe, in dem es darum ging, überzeugende Markenbotschaften zu vermitteln. Heute geht es immer mehr darum, den potenziellen Kunden möglichst präzise auszurechnen, um ihm genau das Produkt anbieten zu können, das er wirklich haben will. Die Möglichkeiten dazu schaffen immer ausgefeiltere Netztechnologien. Mittels Retargeting etwa kann man einen Nutzer über mehrere Website-Besuche hinweg verfolgen und ihn gezielt mit Werbung für Produkte ansprechen, für die er bereits zuvor Interesse gezeigt hat. Facebooks neue Werbeplattform Atlas erlaubt es sogar, einzelne Nutzer anhand ihres Facebook-Accounts im ganzen Netz und über verschiedene Devices hinweg zu identifizieren. So soll es möglich sein, den Erfolg einer Online-Kampagne vom ersten Klick auf die Anzeige bis zum tatsächlichen Kauf des Produkts nachzuvollziehen. Das ist Überwachung in fast schon vollendeter Form. Wir sind keine Kunden mehr, sondern Zielpersonen.
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