Cyberama: Wer stimmt für Amazon?
Vor 20 Jahren hat Amazon sein erstes Buch verkauft. Die Erfolgsgeschichte ist gigantisch. Heute beschäftigt das Unternehmen 154.000 Mitarbeiter, der Jahresumsatz lag 2014 bei knapp 90 Milliarden Dollar. Längst verkauft der Online-Händler nicht bloß Bücher, sondern Produkte fast jeglicher Art. Kein anderes Unternehmen hat unsere Konsumgewohnheiten derart verändert. Ich selbst ertappte mich neulich dabei, dass ich nicht einmal wusste, wo sich der nächste Baumarkt befindet, um ein Set Schraubenzieher zu kaufen. Die alte Werkzeughandlung in der Nähe existiert längst nicht mehr. Am Ende bestellte ich meine Schraubenzieher bei Amazon, aus reiner Bequemlichkeit. Bei allem Einkaufskomfort fragt sich allerdings, ob wir wirklich in einer Welt leben wollen, in der wir Waren nur noch bei einem anonymen Internetkonzern kaufen, der Bücher ebenso im Angebot hat wie Druckerpatronen oder Wäscheklammern. Viele beklagen zu Recht den Niedergang des stationären Buchhandels, zugleich steht das Unternehmen in der Kritik wegen der Arbeitsbedingungen in seinen Logistiklagern.
Wer bei Amazon einkauft, der votiert auch für ein System
Zwar muss niemand ein schlechtes Gewissen haben, wenn er per 1-Click ein Buch bei Amazon kauft. Aber eines sollte allen Kunden des Online-Händlers klar sein: Wer bei Amazon einkauft, der votiert auch für ein System - und für eine bestimmte Lebensform. Jeder "Jetzt kaufen“-Klick bedeutet Zustimmung zur Amazon-Welt. Als Konsumenten stehen wir daher vor einer Entscheidung. Entweder wir akzeptieren Amazons Geschäftsmodell oder wir lehnen es ab. Beides kann man vertreten. Nur eines geht nicht: Man kann nicht auf Amazon schimpfen und zugleich bei Amazon einkaufen. Das ist eine Frage der Konsequenz. Ich habe jedenfalls keine Lust, wegen ein paar Schraubenziehern nach einem Werkzeuggeschäft zu suchen, wenn ich diese auch online bestellen kann. Aber ich schimpfe auch nicht auf Amazon.
Bitte schreiben Sie mir unter