Das Altern, ewige Jugend: Häufige Fragen und Mythen
Von Norbert Regitnig-Tillian
Wirkt die mediterrane Diät lebensverlängernd?
Nein, aber sie senkt das kardiovaskuläre Risiko signifikant. In einer Studie, die heuer im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, zeigte eine Gruppe um Ramon Estruch von der Universität Barcelona, dass die Herzinfarktrate durch mediterrane Diät um 30 Prozent gesenkt werden konnte. Es zahlt sich also aus, bei der Ernährung auf Olivenöl, Obst, Gemüse, Cerealien sowie Fisch und Geflügel zu setzen. Besonders, wenn man als Risikopatient gilt. An der Studie nahmen 7500 Männer und Frauen im Alter von 55 bis 80 Jahren teil. Die Probanden hatten zwar noch keine kardiovaskuläre Diagnose, aber aufgrund von Typ-II-Diabetes oder anderer Faktoren Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht oder hohe Blutfettwerte ein erhöhtes Risiko dafür. Die Teilnehmer wurden per Los auf drei Gruppen aufgeteilt. In jenen zwei Gruppen, die sich mediterran (die einen mit mehr Olivenöl, die anderen mit mehr Nüssen) ernährten, traten um 30 Prozent weniger Herzinfarkte auf als in der dritten Gruppe der sich bloß fettarm Ernährenden. In der Lebenserwartung insgesamt gab es keine Unterschiede.
Was ist dran am französischen Paradoxon?
Wenig. Anfang der 1990er-Jahre berichteten Epidemiologen, dass in Frankreich, vor allem im Süden des Landes, die Herzinfarktrate um rund 30 bis 40 Prozent niedriger lag als in vergleichbaren europäischen Ländern und den Vereinigten Staaten. Und das, obwohl die Franzosen viel rauchen und eine cholesterolreiche Kost bevorzugen. Eine Erklärung für dieses Phänomen sollte das französische Paradoxon bieten: Der hohe Rotweinkonsum der Franzosen schütze Herz und Gefäße, besonders die im Rotwein in hoher Konzentration enthaltene Substanz aus der Traubenschale, das Resveratrol.
Untersuchungen wiesen freilich darauf hin, dass ein kausaler Zusammenhang nicht haltbar ist. Zum einen zeigte sich, dass es eher der Alkohol selbst war, der eine gefäßschützende Wirkung entfaltete. Ein Glas Rotwein (aber auch Weißwein oder Bier) senkt das kardiovaskuläre Risiko. Drei bis vier Gläser pro Tag lassen es aber wieder steigen. Viel Rotwein schützt also nicht vor einem Herzinfarkt. Am ehesten ist wohl der Erklärung der WHO zu folgen, die in einer Studie feststellte, dass die Häufigkeit von Herzerkrankungen in Frankreich bisher schlicht unterschätzt wurde. Dass sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie Resveratrol sich zellverjüngend auswirken, bleibt weiterhin unumstritten.
Wachstumshormone sollen Menschen eine zweite Jugend schenken. Stimmt das wirklich?
Der Markt für Wachstumshormone, die man seit rund vier Jahrzehnten künstlich herstellen kann, hob Anfang der 1990er-Jahre ab. Daniel Rudman, ein Forscher am Medical College of Wisconsin, hatte in einem Artikel im New England Journal of Medicine berichtet, dass er einem Dutzend älterer Männer Wachstumshormone injiziert habe, worauf sich ihre Hormonwerte auf jugendlichem Level einpendelten, Knochendichte und Muskelmasse stiegen und das Körperfett dahinschmolz. Seit damals sind Wachstumshormone ein gefragtes Dopingmittel gegen das Altern. Die angeblich ewige Jugend wird jedoch mitunter mit schweren Nebenwirkungen erkauft: Gelenksschmerzen, Herzmuskelrhythmusstörungen, Nase, Füße und Hände beginnen merkwürdig zu wachsen genauso wie Tumore. Zudem steigt das Diabetesrisiko. Verabreicht man Labortieren Wachstumshormone, werden sie nicht älter, sondern sterben früher. Trotz aller Begeisterung, die in so mancher kalifornischen Anti-Aging-Klinik herrscht, raten Mediziner daher dringend von dieser zweifelhaften Kur ab.
Können Gewürze das Leben verlängern?
Studien zeigen, dass Pfeffer, Chili, Koriander, Kümmel oder Muskatnuss in der Körperzelle Rezeptoren ansprechen, die den Zucker- und Fettstoffwechsel regulieren. Damit aber Blutfettwerte gesenkt und die Insulinsensitivität der Zelle erhöht werden können, reicht freilich nicht eine feine Prise. Man müsste Lebensmittel schon in Gewürzen panieren, damit eine pharmakologische Wirkung eintritt, sagt der Hormonspezialist Markus Metka. Einen handfesten Einfluss auf die Gesundheit haben Gewürze aber aus einem anderen Grund. Durch raffinierter gewürzte Speisen muss weniger Salz verwendet werden. Das wiederum senkt den Blutdruck und das Herzinfarktrisiko, sagt Metka. Zwar gibt es immer wieder Skeptiker, die der Salzreduktion keine große Bedeutung beimessen. Längsschnittstudien haben aber den gegenteiligen Effekt gezeigt. Durch große Aufklärungskampagnen konnte zum Beispiel in Finnland der Salzkonsum innerhalb der vergangenen drei Jahrzehnte um ein Drittel reduziert werden. Der Effekt: Die Sterblichkeit durch Schlaganfälle und Herzinfarkte ging im selben Zeitraum um 80 Prozent zurück.
Wer ist der bis jetzt älteste Mensch der Welt?
Die Französin Jeanne-Louise Calment, die 1997 im Alter von 122 Jahren starb, hält noch immer den Rekord. Sie bediente noch Vincent van Gogh, lernte mit 85 fechten und fuhr noch als 100-Jährige Fahrrad. Erst mit 117 Jahren versuchte sie, sich das Rauchen abzugewöhnen, wurde aber mit 118 rückfällig und schaffte es erst mit 119. Als 90-Jährige verkaufte sie ihre Wohnung auf Leibrente dem 47-jährigen Rechtsanwalt André-François Raffray. Er starb mit 77 Jahren an Krebs und erlebte das Ende seiner Zahlungsverpflichtung nicht mehr. Die rund 900.000 Francs, die er bis dahin gezahlt hatte, entsprachen übrigens dem dreifachen Marktpreis der Wohnung. Der derzeit älteste Mensch ist mit 115 Jahren Misao Okawa aus Japan. Insgesamt leben heute 57 Menschen weltweit, die älter als 110 Jahre sind. Davon ist nur einer männlich.
und in Österreich?
In Österreich leben mittlerweile 1339 Personen, die älter als 100 Jahre sind. Vor zehn Jahren gab es mit 672 Personen ziemlich genau halb so viele. Älteste Österreicherin ist derzeit eine Salzburgerin mit 108 Jahren, dicht gefolgt von drei Frauen aus Niederösterreich, Steiermark sowie dem Burgenland, die alle 107 Jahre zählen. Ältester Österreicher ist ein Kärntner, ebenfalls 107. Auf den Plätzen zwei und drei folgen zwei 107-Jährige aus Niederösterreich und Tirol. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt in Österreich derzeit für Frauen 83,3 und für Männer 78,3 Jahre.
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