Das schräge Experiment: Farbenlehre
Kleider machen Leute, lautet eine Redensart, und zahlreiche Studien belegen mittlerweile, dass Outfits tatsächlich eine wichtige Rolle spielen, da sie Gruppenzugehörigkeit, beruflichen und sogar romantischen Erfolg beeinflussen können. Doch was macht gut gewählte Kleidung aus? Eine Gruppe von Psychologen dreier amerikanischer Universitäten ging in der Zeitschrift "PLOS One" nun einem Aspekt dieser Frage nach: Welche Farbkombinationen werden als modisch empfunden und warum?
Dazu stellten die Forscher verschiedene Farbkombinationen von Damenund Herrenoutfits zusammen: ein Kostüm mit Jacke für Frauen, Hemd und Hose, Weste und eine Jacke für Männer. 239 Studienteilnehmern wurden anschließend 30 Zeichnungen von Outfits gezeigt. Mal waren alle Kleidungsstücke in der gleichen Farbe gehalten, dann wieder wurden knallige Kombinationen gewählt (etwa Türkis und Violett), mal waren sie mäßig präzise aufeinander abgestimmt (etwa Dunkelgrün und Schwarz oder Rosa und Weiß). Die Teilnehmer mussten auf einer fünfteiligen Skala bewerten, wie sehr diese Kollektionen gefielen, wie gut oder schlecht und wie modisch sie die einzelnen Kombinationen fanden. Außerdem bewerteten sie die verwendeten Farbkombinationen danach, wie "koordiniert" und zueinander passend sie waren.
Die Antworten auf die Fragen kombinierten die Forscher zu einer Modesowie einer Koordinationsskala. Das Ergebnis einer anschließenden statistischen Analyse zeigte, dass mäßig koordinierte Farbkombinationen am besten auf der Modeskala abschnitten. Das galt sowohl für Frauen-wie auch für Männerkleidung, wobei Damenoutfits zusätzlich einen leichten linearen Trend aufwiesen: Je ähnlicher die Farben, desto modischer wurden sie empfunden.
Für die Forscher ist das Ergebnis eine zeitgenössische Fortführung antiker Erkenntnisse: Schon Aristoteles sprach von der "goldenen Mitte" zwischen zwei Extremen, deren Wahl zu tugendhaftem Handeln führen sollte. Neuere Studien zeigen, dass das Mittelmaß auch bei Eigenschaften wie Individualität und Attraktivität als optimal empfunden wird.
Als praktischer Ratgeber anwendbar sind die Forschungsergebnisse allerdings nur bedingt: Farbe ist schließlich bloß ein Aspekt, der das Outfit beeinflusst, und noch dazu von Situation, Material und anderen Faktoren abhängig. (Eine gelbe Leinenhose am Strand wird vermutlich anders wahrgenommen als eine solche im Büro.) Zudem weiß man wenig über die Studienteilnehmer: Wie modebewusst sie selbst waren, durften sie einfach selbst angeben.