Ernst von Glasersfeld

Die Wahrheit über die Wirklichkeit

Zum 100. Geburtstag des Philosophen Ernst von Glasersfeld.

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Was ist die Wirklichkeit? Sind wir in der Lage, die Welt und ihre Gesetze zu verstehen? Sind wir nicht ewige Gefangene unserer Sinne, Wahrnehmungen und Interpretationen? Das waren die Themen des österreichischen Philosophen Ernst von Glasersfeld, dessen Ideen von Denkern wie Paul Watzlawick aufgegriffen wurden. Glasersfeld war Begründer des Radikalen Konstruktivismus, wonach „alles Wissen, wie immer man es definieren mag, nur in den Köpfen von Menschen existiert, und dass das denkende Subjekt sein Wissen nur auf der Grundlage eigener Erfahrung konstruieren kann“, wie Josef Mitterer erklärt, Philosoph und Freund von Glasersfeld. Zum 100. Geburtstag Glasersfelds findet nun vom 20. bis 22. April an der Universität Innsbruck, wo auch sein Nachlass verwahrt wird, eine große, international besetzte Tagung statt. Der Kongress würdigt das Werk und den Einfluss des relativ unbekannten Mannes mit turbulenter Biografie (evg2017.net): Geboren als Sohn eines k. u. k. Diplomaten, musste Glasersfeld sein Mathematikstudium 1938 abbrechen. Er lebte in Italien, Irland, Australien, der Schweiz und in den USA, verdingte sich als Skirennläufer, Journalist, Entwickler maschineller Sprachverarbeitung sowie einer Symbolsprache zur Kommunikation mit Schimpansen. Sein philosophisches Werk habe, so Mitterer, bis heute enormen Einfluss auf Natur-, Kultur- und Sozialwissenschaften, aber auch auf Wissenschafts- und Medienforschung. Freilich dürfe man das Konzept nicht dahingehend fehldeuten, dass Realität etwas Beliebiges sei oder sich jeder seine ihm genehme Wirklichkeit schnitzen könne. Letztlich geht es wohl nicht zuletzt um mehr Bescheidenheit beim Anspruch, in den Besitz absoluter Wahrheit gelangen zu können.