Wissenschaft

Digitale Diagnosen: Wie Künstliche Intelligenz die Medizin verändert

Artificial Intelligence eignet sich perfekt zur Früherkennung von Krebs oder Herzleiden. Nun kommt der Digitale Zwilling: unser virtuelles Abbild und lebenslanger Partner im Gesundheitswesen.

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Ein Mausklick, und das Herz steht still. Das stete Pumpen erlischt, die rhythmischen Kontraktionen enden. Es ist zum Glück kein echtes Herz, das da plötzlich angehalten hat, sondern ein digital nachgebildetes, eine Simulation. Dorin Comaniciu betätigt die Maus erneut, und das virtuelle Organ beginnt wieder zu schlagen. Comaniciu zeigt auf seinem Laptop damit einen Ausblick auf die Medizin der Zukunft: Computertechnologie und künstliche Intelligenz erlauben es, auf Basis physiologischer Daten ein originalgetreues Gegenüber des menschlichen Körpers zu erzeugen, etwa des Herzens samt Klappen, Kammern und Blutgefäßen. Dieses Modell ermöglicht es unter anderem, medizinische Eingriffe durchzuspielen, bevor sie wirklich stattfinden – beispielsweise das kurzzeitige Stoppen des Herzens, wie es bei manchen Operationen notwendig ist.

Dorin Comaniciu ist Senior Vice President for Artificial Intelligence and Digital Innovation bei Siemens Healthineers, der Medizintechniksparte des Siemens-Konzerns. In einem Forschungszentrum in Princeton, New Jersey, arbeitet er an Entwicklungen für die Medizintechnik der Zukunft: an effizienter Bildgebung, Präzisionsmedizin, individualisierter, datengetriebener Diagnostik und Therapie. Der gebürtige Rumäne hält rund 270 Patente, war an 350 wissenschaftlichen Fachartikeln beteiligt, ist Mitglied mehrerer Medizinakademien und wird in Rankings unter die Top-Innovatoren der Gegenwart gereiht.

Auf seinem Laptop kann Comaniciu auch ein virtuelles Abbild seiner selbst aufrufen. „Fällt Ihnen etwas auf?“, fragt er. „Ich sehe hier jünger aus als in Wirklichkeit.“ Das sei Absicht. Es gehe aber nicht um Eitelkeit, sondern um einen Vorgeschmack auf eine Zukunft, in der uns eine fortgeschrittene Medizin vielleicht länger jung hält.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft