Echt tierisch: Die verblüffendsten Tierstudien des Jahres 2022
Kraken, die auf Nachbarn schießen
Mitte Oktober 2022 publizierte ein Forscherteam eine Auswertung von Videos, die bereits aus 2015 und 2016 stammen. Die Forschenden hatten verblüffende Aufnahmen gemacht: Sie zeigten Kraken, die mit Gegenständen nacheinander warfen. Kraken der Spezies Octopus tetricus, auch Sydney-Oktopoden genannt, schleuderten Schlamm und Muschelschalen auf benachbarte Artgenossen. Die Videos zeigten mehr als 100 solche Manöver. Die Wissenschaftergruppe studierte auch, wie genau die Meeresbewohner vorgingen: Mit ihren Armen sammelten sie Sediment und Gegenstände unter ihrem Körper, mit ihrem Trichterorgan, dem Siphon, bliesen sie einen gewaltigen Wasserstrahl samt den Objekten auf ihre Nachbarn.
Ob es sich um „Absicht“ und gezielte Aggression handelte, lässt sich schwer sagen. Allerdings beobachteten die Forschenden in einzelnen Fällen, dass die Handlungen wiederholt ausgeführt wurden. Üblicherweise sind die Oktopoden Einzelgänger. Ob sie dazu neigen, nervige Nachbarn zu beschießen, bleibt freilich Spekulation.
Spinnen, die um ihr Leben springen
Für Spinnenmännchen kann Sex lebensgefährlich sein. Nach der Paarung werden sie gerne vom Weibchen gefressen. Männchen der Art Philiponella prominens, die in Japan und Korea heimisch ist, haben jedoch eine Strategie entwickelt, um nicht als Snack nach dem Sex zu enden: Sie katapultieren sich mit gewaltigem Schwung in sichere Entfernung.
Wie ein chinesisches Forscherteam im April 2022 berichtete, entwickeln sie dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 90 Zentimetern pro Sekunde. Der akrobatische Akt gelingt, indem die Spinnen ihre Vorderbeine gegen den Körper des Weibchens stützen, mit hydraulischem Druck ein Gelenk in den Beinen aktivieren – und dann davonschießen, bevor das Weibchen zupacken kann. Von einer „fantastischen kinetischen Leistung“ schwärmten die Forschenden.
Kakadus, die den Müll plündern
Im September 2022 dokumentierten Forschende im Fachjournal „Current Biology“ einen artübergreifenden Zweikampf: Kakadu gegen Mensch. Wissenschaftlerinnen des Max-Planck-Instituts in Radolfzell sprachen von einen „Wettlauf um Innovation“. Sie zeichneten auf, wie Gelbhaubenkakadus in Sydney Mülltonnen öffneten und Nahrungsreste daraus klauten. Die Menschen versuchten sie daran zu hindern, indem sie Ziegelsteine auf die Deckel legten, die Deckel mit Schuhen blockierten oder Plastikschlangen anbrachten, um die Vögel abzuschrecken. Die Gegenstrategien funktionierten, bis die Papageien damit umzugehen lernten – und zum Beispiel die Ziegelsteine von den Tonnen warefn. Die Forschergruppe filmte mehr als 3000 solche Begebenheiten. Zwischenstand im Duell zwischen Mensch und Kakadu: unentschieden.
