Wissenschaft

Gefahr aus dem Essen: Wovor müssen wir uns wirklich fürchten?

40 Prozent höheres Krebsrisiko durch Salzkonsum! Warum Ernährungsstudien oft verwirren und wie man Risiken richtig interpretiert.

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Eine bestimmte Kategorie wissenschaftlicher Studien erregt zuverlässig öffentliche Aufmerksamkeit: Arbeiten zum Thema Ernährung. Wenn Forschende berichten, was wir bevorzugt konsumieren oder besser meiden sollen, was dem Idealgewicht oder dem Wohlbefinden nützt, ist mediale Präsenz garantiert. Da mögen Astrophysiker in einem fernen Winkel des Kosmos einen Exoplaneten in allen Details vermessen, Chemiker ein Material mit fantastischen Eigenschaften komponiert oder Mathematiker ein jahrhundertealtes Zahlenrätsel geknackt haben – keine dieser Einsichten kann mit dem Interesse an neuem Wissen über gesundheitliche Vorzüge oder Nachteile von Lebensmitteln konkurrieren.

Viele der einschlägigen Studien beschenken uns freilich mit Erkenntnissen von überschaubarer Relevanz. Oft liegt das daran, dass die untersuchten Personengruppen vielleicht 25 Menschen umfassen und die Aussagekraft daher gegen null tendiert. Es gibt aber auch Arbeiten, die methodisch in jeder Hinsicht korrekt und solide sind, die beeindruckend große Probandenzahlen einschließen und Daten mit komplexer, bewährter Statistik auswerten. Kurz: Sie sind tadellos gemacht, die Kernaussagen halten jeder Überprüfung stand – und dennoch können sie in die Irre führen.

Mit einer dieser Studien befassen wir uns im Folgenden – stellvertretend für ein beinah omnipräsentes Grundproblem der Risikokommunikation. Die Studie ist ein Lehrbuchbeispiel dafür, dass das Ausmaß eines Risikos vollkommen präzise berechnet und trotzdem ein grob falscher Eindruck erweckt werden kann. Wie ist das möglich? Indem man ein sogenanntes „relatives Risiko“ ausweist. Zunächst aber zum Inhalt der Studie.

Von der Gefahr des Nachsalzens

Sie wurde federführend von Forschenden der Medizinischen Universität Wien durchgeführt und erschien Mitte April im Fachjournal „Gastric Cancer“. Die Untersuchung behandelte die Frage, ob häufiges Nachsalzen das Risiko erhöht, an Magenkrebs zu erkranken. Das Wissenschafterteam wollte herausfinden, ob die Angewohnheit, Speisen bei Tisch mit einer herzhaften Prise Salz aufzupeppen, mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergeht. Die Antwort lautete: Ja, und zwar um circa 40 Prozent.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft