Wissenschaft

Hitze, Brände, Dürre, Fluten: Fluchtgrund Klimakatastrophe

Der Klimawandel zerstört die Heimat von Millionen Menschen. Stehen wir am Beginn einer beispiellosen Massenmigration? Oder ist die große Klimaflucht nur ein Mythos?

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Der Alte kaute Kokablätter und erzählte, seine Kinder hätten das Dorf längst verlassen. Nur neun Menschen seien in Overjeria geblieben. Alle anderen seien weg, gegangen wegen ständiger Dürren. Einst hatte in dem bolivianischen Dorf die Landwirtschaft geblüht, doch die Trockenheit verursachte immer mehr Missernten. Die Tiere verendeten, zuerst die Kühe, dann die Esel, schließlich die Ziegen.

Das Beispiel stammt von der britischen Sachbuchautorin Gaia Vince, die mit „Das nomadische Jahrhundert“ ein eindringliches und mit Studien, Zahlen und Daten gespicktes Buch über einen brisanten Aspekt des Klimawandels geschrieben hat*): über klimabedingte Migration und die Frage, wie viele Menschen infolge von gefährlicher Hitze, Trockenheit, aufgrund von Überflutungen und Wetterextremen ihre Heimat verlassen werden.

Eine weitere Schilderung bezieht sich auf Vinces eigene Familie: Ihre australische Tante musste im Jahr 2020 mit Hunderten anderen Hausbesitzern an einen Strand und anschließend in Booten aufs Meer fliehen, nachdem Rauch und Asche den Himmel verfinsterten und Feuerwalzen näherrückten. Viele Menschen mussten vor den Feuern des „Black Summer“ evakuiert werden. Die meisten kehrten wieder zurück, jedenfalls diesmal. Irgendwann werden sie ihre Häuser wegen steter Brand- und Lebensgefahr vielleicht aufgeben müssen – oder wegen des Problems, dass sie keine Versicherung mehr abschließen können.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft