Hummeln lieben es offenbar, Holzkugeln durch die Gegend zu rollen.
Wissenschaft

Intelligenz der Tiere: Haben Hummeln ein Bewusstsein?

Namhafte Forscherinnen und Forscher aus aller Welt plädieren dafür, auch Hummeln, Kraken und sogar Fruchtfliegen ein Bewusstsein zuzugestehen. Zu Recht?

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Eigentlich sollten die Hummeln lernen, bunte Holzkugeln in ein Loch zu bugsieren, um an einen kleinen Trog Süßes heranzukommen. Das taten sie auch brav und zeigten damit, dass Insekten Werkzeuge benutzen können. Als wäre das nicht schon spektakulär genug, verblüfften die Hummeln den Verhaltensforscher Lars Chittka sogar noch mehr. Manche der Insekten hatten es gar nicht auf die Belohnung abgesehen – sie wirbelten die kleinen Bälle scheinbar zu ihrem Vergnügen herum.

Um zu überprüfen, ob Hummeln tatsächlich spielen, entwarf Chittka ein neues Experiment. In seinem Labor an der Queen Mary University of London baute er zwei Zimmer. 45 Hummeln konnten sich entscheiden: Wollten sie in der ersten, mit bunten Kugeln gefüllten Arena bleiben, oder krabbelten sie lieber weiter in eine Futterkammer mit Zuckerwasser? Die meisten Hummeln klammerten sich zumindest zwischendurch an die Kugeln und rollten damit herum, die eifrigste ganze 117 Mal. Damit erbrachte Chittka den Beweis, dass Hummeln aus reiner Lust an der Freude spielen. Das Herumkugeln diente keiner Überlebensstrategie, es hatte nichts zu tun mit Futtersammeln, Paarungsverhalten oder Nestbau. „Insekten sind Millionen Meilen von den gefühllosen, unbegabten Kreaturen entfernt, für die wir sie lange gehalten haben“, sagt der Biologe Chittka.

Er ist einer von knapp 200 namhaften Wissenschafterinnen und Wissenschaftern, die am 19. April die „New Yorker Erklärung zum Bewusstsein von Tieren“ unterzeichneten: Es bestehe die „realistische Möglichkeit, dass alle Wirbeltiere (inklusive Reptilien, Amphibien und Fische) und viele Wirbellose (eingeschlossen zumindest Kopffüßler, Krustentiere und Insekten) über eine bewusste Wahrnehmung verfügen.“ Deshalb müsse man den Schutz und das Wohlergehen der Tiere viel mehr in den Fokus rücken, so die Forderung.

An der Intelligenz von Affen oder Elefanten zweifelt kaum noch jemand, in den vergangenen Jahren bekamen auch Hummeln, Fische und sogar Fruchtfliegen größere kognitive Leistungen attestiert. Aber fällt das schon unter „Bewusstsein“? Und was soll das überhaupt sein? Die Antwort darauf bleibt die New Yorker Erklärung schuldig. Die Wissenschaft konnte sich bislang auf keine endgültige Definition einigen – weder bei Menschen noch bei Tieren. Vorschläge gibt es allerdings viele, Experimente zum tierischen Bewusstseins ebenso.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.