Kann man auf dem Mond zu spät kommen?
In den nächsten Jahren sind duzende Mondmissionen geplant. Erklärtes Ziel: Mindestens eine langfristig besetzte Basis zu errichten. Der Mond soll zum Sprungbrett für den Mars werden, zum Rohstofflieferanten und sogar über Landwirtschaft wird nachgedacht. Die USA, Europa, China, Japan – viele Nationen wälzen große Pläne für den Begleiter der Erde. Der Ansturm könnte im Chaos enden, wenn sich wie bisher jede Mission an der koordinierten Weltzeit (UTC) und letztlich an der Zeitzone im eigenen Land orientiert.
Mond und Erde ticken anders
Die Lösung wäre eine eigene Mondzeit. Nur, wie soll sie aussehen? Darüber zerbrechen sich derzeit viele Raumfahrtagenturen den Kopf, allen voran die amerikanische NASA und die europäische ESA. Im vergangenen November luden sie internationale Expertinnen und Experten ins niederländische Noordwijk ein, um das Problem gemeinsam anzugehen. Das wird knifflig, denn: Eine Uhr tickt auf dem Mond schneller als auf der Erde. Der Trabant hat eine geringere Anziehungskraft, weshalb eine Monduhr alle 24 Stunden etwa 56 Mikrosekunden im Vergleich zur Erde gewinnt. Durch die Rotation des Mondes ist es auch nicht unerheblich, wo sich eine Uhr befindet. Und möglicherweise wünschen sich Astronauten einst auch Zeitzonen wie auf der Erde, die sich am Stand der Sonne orientieren.
Wie man eine Monduhr baut
Für einen Mondstandard, nach dem sich künftig alle Zeitmesser richten, brauche man mindestens drei Hauptuhren, die auf dem Mond stationiert werden. Die von ihnen gemessene Zeit müsse dann durch einen intelligenten Algorithmus kombiniert werden, sagt Patrizia Tavella in der Zeitschrift „Nature“. Sie leitet das Institut für Zeit des internationalen Büros für Maß und Gewicht im Französischen Sèvres. Dann müssten Meteorologinnen und Meteorologen noch entscheiden, ob die Mondzeit regelmäßig mit der Weltzeit synchronisiert werden – oder ob sie unabhängig bleiben soll. Ersteres wäre einfacher. Aber: Die Unabhängigkeit des Mondes von der Erdzeit könnte Modell stehen für den Mars. Denn die Weltzeit mit dem viel weiter entfernten Mars zu synchronisieren, sei wenig realistisch, sagt Tavella.
Ein Navi für den Mond
Das hohe Tempo, mit dem die Raumfahrt aktuell in Richtung Mondzeit steuert, hat einen triftigen Grund: Bis 2030 wollen ESA und NASA auf dem Trabanten ein Satellitennavigationssystem installieren. Es soll Raumsonden und Missionen die Orientierung erleichtern, ähnlich dem GPS-System auf der Erde. Bisher hatten sich Mondmissionen mit Radarsignalen beholfen, die sie an große Antennen auf der Erde schickten. Das System würde aber zusammenbrechen, wenn der Verkehr zum Mond wie geplant zunimmt. Deshalb wollen ESA und NASA vier Satelliten im Mondorbit verankern, die ihre Position an einen Empfänger auf der Mondoberfläche senden. Dafür braucht es Zeitangaben – am besten eine allgemein gültige Mondzeit.