Lässt sich das Moralempfinden biochemisch verändern?
Lässt sich das Moralempfinden biochemisch verändern?
Immer wieder zeigt sich, wie sehr unsere vermeintliche Freiheit der bewussten Entscheidung unterlaufen werden kann - und wir zu Opfern von Biochemie und Gehirnfunktionen werden. Was die Moral betrifft, so weiß man, dass eine bestimmte Hirnregion wesentliche Bedeutung hat: der dorsolaterale präfrontale Kortex, der auf Basis von Information moralische Abwägungen vornimmt. Nun gelang es Forschern der Harvard Universität, bei 66 Probanden die Funktion dieses Areals zu beeinflussen, und zwar mit magnetischen Störsignalen.
Mussten sich die Personen nun in die Rolle eines Richters versetzen, fielen die Urteile plötzlich auffallend milde aus, zumindest bei leichteren Straftaten. Auch Medikamente können das moralische Empfinden steuern. Ein Wirkstoff, der den Spiegel des Botenstoffes Dopamin erhöht, scheint moralische Hemmungen zu senken: In Versuchsreihen waren Menschen nach dessen Einnahme eher bereit, anderen Personen Schmerzen in Form von leichten Stromschlägen zuzufügen. Bei einer Substanz hingegen, die den Level des Neurotransmitters Serotonin hob, war exakt das Gegenteil der Fall. Ob es uns also gefällt oder nicht: Unser Verhalten wird auch von schnöder Biochemie beeinflusst und nicht nur von unserem bewussten Denken.