Mounjaro oder Ozempic: Welche Abnehmspritze ist besser?
Viele Patientinnen der Wiener Internistin und Adipositas-Spezialistin Bianca Itariu sind begeistert von der Abnehmspritze Mounjaro. „Ich kann es gar nicht glauben. Meine Zuckersucht ist weg, ich esse ausgewogen, und ich habe seit Anfang Dezember unfassbare zehn Kilo abgenommen“, schreibt eine Patientin an Ärztin Itariu. Eine andere jubelt: „Ich bin wieder ich!“
Seit Sommer 2024 ist die Abnehmspritze des US-Pharmariesen Eli Lilly auch in Österreich erhältlich – und Bianca Itariu empfiehlt sie immer häufiger. Was unterscheidet Mounjaro von dem seit 2022 zugelassenen Medikament Wegovy, das die meisten unter dem Namen Ozempic kennen? Mit welchen Nebenwirkungen ist zu rechnen? Und welche weiteren Adipositas-Präparate befinden sich in den Pipelines der Pharmakonzerne?
Ozempic: Ein Sättigungshormon gegen den Heißhunger
Damit hat die Abnehmspritze Ozempic die Behandlung von Adipositas in kürzester Zeit revolutioniert. Das vom dänischen Hersteller Novo Nordisk entwickelte Präparat enthält den Wirkstoff Semaglutid. Er imitiert das Sättigungshormon GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1), das der Darm natürlich bildet, um dem Gehirn zu signalisieren: „Ich bin satt.“ Zudem verlangsamt das Mittel die Magenentleerung.
Die Folge: Heißhungerattacken hören auf, das Verlangen nach Junk Food und Alkohol sinkt, die Portionen werden automatisch kleiner. Ursprünglich entwickelt als Diabetesmedikament, wurde schnell klar, dass Semaglutid Menschen enorm beim Abnehmen hilft. Obwohl Ozempic und Wegovy beide Semaglutid enthalten, ist nur Wegovy offiziell für die Gewichtsabnahme zugelassen. Das liegt an der unterschiedlichen Dosierung, den klinischen Studien und den Zulassungsverfahren.
Mounjaro: Zwei Sättigungshormone
Mounjaro setzt auf einen anderen Wirkstoff: Tirzepatid enthält neben GLP-1 noch ein weiteres Sättigungshormon namens GIP. Es bindet nicht nur an Rezeptoren im Gehirn, sondern auch direkt im Fettgewebe. „Das macht Mounjaro so effektiv. Es ist die nächste Stufe in der Adipositas- sowie in der Diabetestherapie“, sagt Johanna Brix, Leiterin der Adipositas-ambulanz der Klinik Landstraße und des Diabeteszentrums Wienerberg. Das finden nicht nur ihre Patientinnen, das hat auch die erste große Vergleichsstudie ergeben.
Mounjaro versus Ozempic: Die große Vergleichsstudie
Die Forschenden um Nicholas Stucky nutzten die Daten von gut 18.300 Erwachsenen mit Übergewicht, die in den USA mit Semaglutid oder Tirzepatid behandelt wurden. Ergebnis: „Die Verwendung von Tirzepatid versprach einen signifikant höheren Gewichtsverlust als die Verwendung von Semaglutid“, resümiert Stucky im Fachblatt „JAMA“. Mounjaro wird wie Ozempic einmal die Woche ins Fettgewebe von Bauch oder Oberschenkel gespritzt. Die Medikamente müssen ein Leben lang genommen werden, sonst droht der Jo-Jo-Effekt.
„Mounjaro ist die nächste Stufe in der Adipositas- sowie in der Diabetestherapie.“
Johanna Brix, Leiterin der Adipositasambulanz der Klinik Landstraße und des Diabeteszentrums Wienerberg
Umso wichtiger ist ihre Verträglichkeit. Die Nebenwirkungen von Ozempic sind bekannt: Am häufigsten sind Beschwerden des Magen-Darm-Trakts, also Übelkeit, Erbrechen, Reflux, Durchfall, Verstopfung; in der Regel verschwinden diese nach mehreren Wochen. Weniger häufig sind Bauchspeicheldrüsenentzündungen und ein zuletzt entdecktes, sehr leicht erhöhtes Risiko für Nierensteine und Nierenentzündungen. Und wie bei jeder signifikanten Gewichtsreduktion können Gallensteine auftreten.
Mit welchen Nebenwirkungen ist bei Mounjaro zu rechnen?
Die Vergleichsstudie fand keine großen Unterschiede zu jenen von Ozempic. In der Praxis beobachtet Bianca Itariu bei Mounjaro etwas weniger Magen-Darm-Beschwerden, dafür aber etwas mehr allergische Reaktionen an der Einstichstelle. Ein weiterer Vorteil: Die von Ozempic bekannten Lieferengpässe gibt es bei Mounjaro bislang nicht. Alles in allem wäre die neue Abnehmspritze ein Gewinn für von Adipositas geplagten Patientinnen und Patienten – wenn der Preis nicht wäre.
„Für meine Patientinnen heißt es oft: Wie viele Kilo weniger kann ich mir leisten?“
Bianca Itariu, Vizepräsidentin der Österreichischen Adipositas Gesellschaft
Überzeugend in der Wirkung, aber teuer
Mit monatlich 333 Euro bis 581 Euro (je nach Dosis) ist Mounjaro das bislang teuerste Abnehmpräparat. Doch auch der Konkurrent ist nicht billig: Für Ozempic müssen Erkrankte 140 bis 300 Euro im Monat hinblättern. Von den Kassen werden von Adipositas Betroffene großteils im Stich gelassen. Seit Kurzem können immerhin stark übergewichtige Kinder von der Spritze namens Saxenda (Wirkstoff Liraglutid) profitieren sowie Erkrankte im Vorfeld einer Magenverkleinerung – ansonsten wird Ozempic nur für Menschen mit Diabetes bezahlt.
Kasse zahlt trotz enormer Vorteile nicht
„Für meine Patientinnen heißt das oft: Wie viele Kilo weniger kann ich mir leisten?“, sagt Internistin Bianca Itariu. Ein gutes Gesundheitssystem sollte sowohl den medizinischen Nutzen als auch soziale Gerechtigkeit fördern – und dabei wirtschaftlich bleiben. Dabei überwiegen die Vorteile für das Gesundheitswesen die Kosten der Spritze bei Weitem: Bluthochdruck, Diabetes, Fettleber, Herz-Kreislauf-Probleme, Gelenkschmerzen, Krebs, sogar Sucht nach Alkohol und anderen Drogen – das Risiko für all diese Erkrankungen geht durch die Spritzen und den Gewichtsverlust deutlich zurück.