Neues Standortentwicklungsgesetz: "Langfristig verlieren alle"

Die Regierung will mit einem neuen Gesetz Großprojekte beschleunigen und den Wirtschaftsstandort stärken. Raumplaner Gernot Stöglehner übt scharfe Kritik.

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profil: Sie halten das neue Standortentwicklungsgesetz für eine schlechte Idee. Warum? Stöglehner: Damit werden Umweltprobleme wie die Flächeninanspruchnahme, Biodiversitätsverluste und die Zerstörung von Landschaft weiter angekurbelt. Die Genehmigung von Großprojekten so zu beschleunigen, bedeutet, dass eine umfassende Prüfung zu kurz kommt. Davon profitiert der Wirtschaftsstandort auf lange Sicht nicht, was eigentlich das Ziel des Gesetzes wäre.

profil: Stimmt es denn nicht, dass solche Verfahren derzeit zu lange dauern? Stöglehner: Bei manchen Verfahren gibt es durchaus zeitliches Einsparungspotenzial. Mit diesem Gesetz wird aber weit über das Ziel hinausgeschossen.

profil: Was kommt zu kurz? Stöglehner: Es ist wichtig, sich zu Beginn Grundsatzfragen zu stellen: Brauchen wir das Projekt überhaupt? Wenn ja, wie groß muss es sein? Wo ist der bestmögliche Standort dafür? Geht es auf Kosten der Umwelt, anderer wirtschaftlicher Interessen wie des Tourismus oder von Siedlungen? Dafür lässt das Gesetz keine Zeit. Es legt nahe, dass Umweltanliegen Gegenspieler der wirtschaftlichen Entwicklung sind. Das ist ein völlig veraltetes Konzept. Projekte, die der Umwelt schaden, können auf Dauer nicht gut für die Wirtschaft sein.

profil: Wer profitiert von dem neuen Gesetz? Stöglehner: Kurzfristig die Projektwerber. Um ein Projekt zu versagen, verlangt das Gesetz von der prüfenden Behörde, binnen zwölf Monaten nachzuweisen, dass es unbehebbare Mängel aufweist. Das Gesetz verschiebt die Machtverhältnisse und stellt die Behörden vor kaum lösbare Aufgaben. Langfristig verlieren alle.

profil: Ein Beirat entscheidet nun, ob ein Projekt im "besonderen öffentlichen Interesse" ist oder nicht. Dessen Besetzung wurde scharf kritisiert. Stöglehner: Das Problem ist, dass in das Verfahren nur Minister und dieser Beirat, wie auch immer er besetzt ist, eingebunden sind. Bauvorhaben wie die dritte Piste (am Flughafen Wien, Anm.) gehen aber uns alle an. Dass die Öffentlichkeit hier nicht mitreden darf, ist demokratiepolitisch höchst bedenklich. Länder und Gemeinden haben ebenfalls keinerlei Mitspracherecht. Daher ist das Gesetz in dieser Form auf jeden Fall abzulehnen.

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Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.