3. Ein Pakt für die Weltmeere
Die Blauwale sind zurück! Diese gute Nachricht kam kürzlich von den Seychellen. In den 1960er-Jahren gnadenlos ausgerottet, dürften die größten Tiere der Welt vor dem tropischen Inselparadies nun sogar wieder Junge aufziehen. Entdeckt hat das die US-Meeresbiologin Kate Stafford mithilfe eines wissenschaftlichen Lauschangriffs: Ein Jahr lang zeichnete sie mit Mikrofonen die Unterwasserwelt der Seychellen auf. Zu überhören waren die Schwergewichte nicht: Ihr niederfrequenter Gesang ist mit 188 Dezibel lauter als ein Düsenjet – und der lauteste im Tierreich. Noch stehen die Blauwale auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. „Aber die Tiere können sich erholen, wenn man aufhört, sie massenhaft zu töten“, sagte Stafford der BBC.
2023 war überhaupt ein gutes Jahr für die Ozeane: Im März einigten sich die UN-Mitgliedsstaaten auf das erste internationale Hochsee-Abkommen zum Schutz der Ozeane und ihrer Artenvielfalt – nachdem sie mehr als 15 Jahre darum gerungen hatten. Der Pakt liefert die Grundlage für Schutzgebiete; große Expeditionen und wirtschaftliche Projekte müssen künftig auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft werden, und auch beim Knackpunkt Gerechtigkeit wurde man sich schließlich einig: Es gibt Ausgleichszahlungen für ärmere Länder, wenn Projekte auf hoher See Gewinne abwerfen. Insgesamt ist der Pakt ein großer Wurf.
4. Frauensicherheit
Airbag, Nackenstütze, Sitzgurt: Die Sicherheit im Auto ist ganz auf den Durchschnittsmann ausgelegt. Denn als Modell für Sicherheitstests dient stets der klassische Crashtest-Dummy namens Thor, 78 Kilo schwer, 1,75 Meter groß. Nun bekommt er endlich ein weibliches Pendant, das den „Gender Safety Gap“ überbrücken soll. Eva (entwickelt vom Schwedischen Forschungsinstitut für Straßen- und Verkehrswesen) ist 1,62 Meter groß, wiegt 62 Kilo, besitzt Brüste, und ihr Nacken, die Taille und Schultern sind schmaler. Noch wird ein verpflichtender Einsatz
in Europäischen Zulassungsverfahren geprüft. Es würde jedenfalls Zeit – Frauen werden bei Verkehrsunfällen im Durchschnitt doppelt so oft verletzt wie Männer.
5. Obdach für alle
Zuerst ein Dach über dem Kopf, danach alles andere: Nach diesem Motto funktioniert das Modell „Housing First“, das in Finnland schon länger angewendet wird und dort die Anzahl der Obdachlosen seit dem Jahr 2008 halbierte. Nun will Österreich nachziehen. Bis September 2024 sollen 1000 obdachlose Menschen im Land eine Mietwohnung bekommen, denn „ohne Wohnung ist alles nichts“, wie Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) im November bei einer Pressekonferenz erklärte. Mit 6,6 Millionen Euro fördert das Sozialministerium das Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAWO). Die Betroffenen sollen dann nicht wie bisher üblich in Notquartieren unterkommen, sondern sofort selbst einen unbefristeten Mietvertrag unterzeichnen. Das soll ihnen die nötige Ruhe verschaffen, um wieder auf die Füße zu kommen. Wenn nötig, helfen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter bei der Bewältigung des Alltags. Die öffentliche Hand zahlt zwar nicht die laufende Miete, aber zum Beispiel die Kaution, die für viele Wohnungslose eine unüberwindbare Hürde ist.
6. Populismus raus!
Nach Jahren der stramm rechten Regierung unter Mateusz Morawiecki von der PiS-Partei, die Europa etwa mit einem radikal verschärften Anti-Abtreibungsgesetz erschütterte, hatten die polnischen Wählerinnen und Wähler im Oktober genug. Zwar vereidigte Präsident Andrzej Duda (ebenfalls von der PiS) im November noch einmal Mora-
wiecki, doch die PiS hatte keine Mehrheit im Parlament und überstand die verfassungsgemäße Vertrauensfrage im Dezember nicht. Donald Tusk, Oppositionsführer und ehemaliger EU-Ratspräsident, wurde zum neuen Regierungschef gekürt.
7. Gute Vorhersage
Nicht immer kommt etwas Gescheites dabei heraus, wenn künstliche Intelligenz selbstständig über etwas nachdenkt. Beim Wetter ist sie aber wirklich unschlagbar: Die Google-KI GraphCast liefert inzwischen deutlich bessere Zehn-Tages-Prognosen als herkömmliche Modelle – bei einem Bruchteil Rechen- (und damit Strom-)Bedarfs. „Es fühlt sich an wie Weihnachten“, schwärmte Peter Dueben vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF). Bei Extremwetterlagen erwies sich GraphCast als besonders begabt. Die KI schlug Alarm, neun Tage bevor Hurrikan Lee im September auf die Nordküste der USA zuraste; die alten Modelle schafften nur sechs Tage im Voraus. Letztere berechnen jede Komponente des Wetters anhand komplexer Formeln einzeln: Temperatur, Niederschlag, Luftdruck, Wind, Wolkenbildung; das braucht Zeit und viel Strom. Die künstliche Intelligenz hingegen lernt aus den Wetterdaten der vergangenen Jahrzehnte. Dafür braucht sie nur wenige Minuten. Programme wie GraphCast sind nicht perfekt genug, um die alten Modelle komplett zu ersetzen. Aber manche Meteorologen sprechen bereits von einer Revolution des Wetterberichts, die 2023 begonnen habe.