Im Auen-Reservat des WWF haben die halbwilden Tiere für eine bessere Biodiversität gesorgt. In vielen anderen Naturschutzgebiete in Österreich ist die Lage von Flora und Fauna deutlich schlechter.
Biodiversität

Notfall Natur: Kann das neue EU-Renaturierungsgesetz das Artensterben aufhalten?

Österreich zählt zu den Schlusslichtern der EU, der Verlust an Biodiversität schreitet massiv voran. Was das neue Gesetz daran ändern kann – und welche Regionen zuerst drankommen.

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Die tierischen Mähmaschinen haben über das Jahr im niederösterreichischen March- egg ganze Arbeit geleistet: Kurzer Rasen wechselt mit Stellen kräuterreicher Vegetation, dazwischen stehen Stauden und Sträucher. Seit 2015 lebt eine Herde halbwilder Konik-Pferde in dem Au-Reservat des WWF. Die robuste polnische Rasse – der Name bedeutet übersetzt „Pferdchen“ – ist dem europäischen Wildpferd ähnlich und hat seit ihrer Ansiedlung einiges zur Artenvielfalt beigetragen. Trampelpfade, Tritt- und Scharrspuren bilden Mikrohabitate, auf denen sich Dungkäfer und andere Insekten wohlfühlen, die wiederum Nahrungsquelle für Vögel sind. So wurden im Reservat seltene Vogelarten wie Wendehals und Neuntöter entdeckt, und auch der Bruterfolg der Weißstörche erreichte einen Rekord: Auf ein Storchenpaar kamen zuletzt 2,77 ausgeflogene Jungvögel.

Marchegg ist eine der wenigen Oasen in Österreich, in denen die Natur noch in Ordnung ist. Geht es nach der EU, muss in ganz Europa kräftig nachgebessert werden. Im Februar wird das Europaparlament über ein Renaturierungsgesetz abstimmen. Höchste Zeit, meinen Wissenschafter und Forscherinnen, denn die Biodiversität nimmt rasant ab. Das Gesetz soll die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Städte zu begrünen, trockengelegte Moore wieder zu vernässen, Meeresökosysteme instand zu setzen, Flüsse und Wälder naturnaher zu gestalten. Auch Äcker und Weiden sollen insekten- und vogelfreundlicher werden.

Lange wurde darüber gestritten. Vor allem die Europäische Volkspartei wehrte sich vehement, am Ende passierte der Gesetzesentwurf aber doch den federführenden Umweltausschuss. Der Plan ist nun, vier Fünftel der Lebensräume in der EU bis 2050 wiederherzustellen. Damit soll das massive Artensterben aufgehalten werden. Kann das gelingen? Wie groß sind die Chancen, dass das neue Gesetz im EU-Parlament genug Stimmen bekommt? Was heißt das alles für Österreich? Und wie steht es eigentlich um die heimische Natur?

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

war bis Oktober 2024 Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.