Per Computer durch die Galaxis

Per Computer durch die Galaxis: Ein spektakuläres Planetarium eröffnet in Wien

Astronomie. Ein spektakuläres Planetarium eröffnet in Wien

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Jetzt bitte die Lichtverschmutzung ausblenden. Ein Tastendruck, und der gräuliche Schleier am Firmament weicht einem klaren Nachthimmel, überzogen von einem Meer funkelnder Sterne. Jetzt bitte Infrarotmodus: Das Universum erstrahlt in sattem Rot. Der nächste Klick erzeugt ein Bild der Erde, auf dem der Planet von einem glitzernden Kranz nervös blinkender Punkte umschlossen ist – eine Darstellung sämtlicher Satelliten in der Umlaufbahn. Nun noch das Wärmebild: Ein weiterer Tastaturbefehl, und es erscheint ein Temperaturprofil der Erdoberfläche, je nach Region durch Farbmuster gekennzeichnet.

Das gesamte jemals vermessene Universum
Möglich werden solch variable Visualisierungen des Weltalls durch ein neues, hochmodernes Planetarium, das ab Anfang dieser Woche öffentlich zugänglich ist. Anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Wiener Naturhistorischen Museums hat Generaldirektor Christian Köberl sich und seinen Besuchern eine auf digitaler Technik basierende Variante eines klassischen Observatoriums gegönnt. Ein paar Dutzend solcher Installationen gibt es weltweit. Der Unterschied zu konventionellen Planetarien ist erheblich: Statt optomechanischer Lichtquellen werfen zwei digitale Projektoren, an den Seitenrändern des 8,5 Meter durchmessenden Planetariums befindlich und per Software synchronisiert, die Bilder an eine Kuppel, die aus pulverbeschichtetem Aluminium gefertigt ist.

Die eigentliche Besonderheit der Technologie besteht in den Daten, mit denen die Projektoren gefüttert werden. Eine Software namens „Digistar“ beinhaltet das gesamte jemals vermessene Universum – eine Millionen Einträge umfassende Bibliothek aus Satellitenbildern, Teleskopaufnahmen und Simulationen der Erde, von Kleinplaneten, Sternen, Kometen, Exoplaneten, galaktischen Nebeln und allerlei bizarren kosmischen Formationen. Da die astronomischen Impressionen aus verschiedenen Ecken des Weltraums stammen und in die Software gepackt wurden, ist es auch dem Zuschauer möglich, aus einem der 60 Sitze des planetarischen Kinos die jeweilige Perspektive einzunehmen: Man kann nicht nur von der Erde ins All blicken, sondern virtuell in die entlegensten Winkel unserer Galaxie reisen, die Spiralform unserer Milchstraße von außen betrachten, den Orionnebel aus der Nähe inspizieren, Eruptionen auf dem Jupitermond Io bestaunen oder in die Saturnringe eintauchen, die nun wie stellares Bröselwerk aussehen. „Liveschaltungen in den Himmel“ nennt Köberl dieses Spektrum von technischen Optionen. Außerdem können in dem Planetarium sogenannte „Full-Dome-Filme“ gezeigt werden – populärwissenschaftliche Dokumentationen über Saurier oder über die Entstehung des Lebens.

Kontrast zu den Prunkräumen
Zwei Jahre Planungs- und ein Jahr Bauzeit brauchte es, um das digitale und etwa 1,5 Millionen Euro teure Planetarium zu realisieren, das mitten in einen der prachtvollen Ausstellungssäle des Museums gestellt wurde – eine moderne, im Inneren vorwiegend aus Gipskarton bestehende Konstruktion in augenfälligem Kontrast zu den Prunkräumen des Bauwerks am Ring. Aus welchem Trakt des Museums man in den Himmel blickt, lässt sich übrigens ebenfalls per Satellitenaufnahmen ausmachen: Auf der Kuppel erscheint das Bild der Erde. Jetzt näher ran an Europa, dann an Österreich. Zoom auf die inneren Bezirke von Wien, während sich die äußeren Zonen der Stadt an den Rändern der Kuppel krümmen. Schließlich sticht der Museumskomplex hervor, et voilà: linke Gebäudeseite, Saal 16.

Infobox

- Die 8,5 Meter durchmessende Kuppel besteht aus überlappenden Elementen aus pulverbeschichtetem Aluminium.

- Der Zuschauerraum fasst 60 Sitzplätze, von denen man auf die Kuppel blicken kann.

- Am Technikerpult an der Rückseite des Saals können astronomische Daten nach diversen Kategorien verändert werden: Standort und Perspektive lassen sich ebenso definieren und variieren wie die Atmosphäre und die Beleuchtung des Kosmos.

- Die ins Planetarium eingespiel-ten Bilder werden durch zwei
digitale Projektoren erzeugt, die mittels einer speziellen Software synchronisiert werden.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft