Wissenschaft

Physik-Nobelpreise 2024: Das Gehirn der künstlichen Intelligenz

Der Nobelpreis für Physik geht heuer an zwei Pioniere auf dem Gebiet des Machine learning.

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Erinnern Sie sich noch? Vor Jahren sorgten spektakuläre Duelle zwischen Mensch und Maschine für Schlagzeilen: Schach-Großmeister traten gegen Computer an, und gewiefte Taktiker, die alle Kniffe des asiatischen Brettspiels Go beherrschten, stellten sich ebenfalls Turnieren mit künstlichen Intelligenzen. Die Ergebnisse waren verblüffend: Fast immer schlug die Maschine den Menschen, selbst die weltbesten Profis verloren die Spiele.

Seit damals ist auch ein Begriff in der Welt, der heute längst geläufig ist, wenn es um Artificial Intelligence geht: künstliche neuronale Netze, eine Art Entsprechung zum menschlichen Nervengeflecht beziehungsweise den Synapsen unseres Gehirns. Eine Vielzahl von Pionieren auf diesen Gebiet hat dazu beigetragen, neuronale Netze zu entwickeln, zwei davon wurden heute mit dem Nobelpreis für Physik 2024 bedacht: John Hopfield, 91, und Geoffrey Hinton, 77.

Die Physik künstlicher neuronaler Netze

Die beiden Physiker hätten die Grundlagen für die heutigen leistungsfähigen Systeme maschinellen Lernens entwickelt, begründete die Swedish Royal Academy ihre Entscheidung. Hopfield und Hinton benutzten, aufeinander aufbauend, physikalische Methoden, um das Abspeichern von Daten wie etwa Bildern in künstlichen neuronalen Netzen zu ermöglichen – und außerdem darin nach bestimmten Eigenschaften und Mustern zu suchen. Analog zu menschlichen Synapsen besitzen diese Systeme Knotenpunkte, die durch „Lernprozesse“ gestärkt und intensiver mit anderen Knotenpunkten vernetzt werden.

So abstrakt das klingt, das Ergebnis zeigte sich etwa bei den Go-Spielen: Anders als beim Schach kann man sich nicht lediglich auf einen Satz Regeln verlassen, statt dessen braucht es an die jeweilige Spielsituation angepasste Entscheidungen – und die Maschinen hatten durch vorangegangenes „Training“ gelernt, Spielzüge „intuitiv“ auszuführen, basierend auf einer Unzahl von zuvor geprobten Spielen, wobei die künstlichen Intelligenzen gleichsam gegen sich selbst gespielt hatten.

Einsatz in Medizin und Forschung

Heute erledigt Artificial Intelligence nach ähnlichen Prinzipien längst sinnvolle Aufgaben. Die Systeme unterstützen Wissenschafter immer dann, wenn es um das Durchsuchen und Auswerten großer Datenmengen geht. Mehrere Großprojekte zielen beispielsweise auf die Entschlüsselung Hunderter Millionen Proteine samt ihrer komplexen dreidimensionalen Struktur ab – dabei geht es um nicht weniger als sämtliche Bausteine des Lebens zu erfassen und ihre Funktion bei der Entstehung von Krankheiten zu ergründen.

Auch in der Medizin sind solche Systeme von großem Wert: etwa dann, wenn sie nach entsprechendem Training, in Patientenbildern nach verdächtigen Mustern suchen, die auf mögliches Krebswachstum hindeuten. Viele Maschinen entdecken dabei Anzeichen, die dem menschlichen Auge zunächst verborgen bleiben. Zudem sind sowohl Tempo als auch Leistungsfähigkeit unschlagbar – und anders als der Mensch ermüden sie auch nach vielen Nachtschichten nicht.

So lässt sich bisher bilanzierten: Die ersten Nobelpreise 2024 – Medizin und Physik – gingen an extrem bedeutsame Entdeckungen mit gut erklärbarem Nutzen für die Menschheit.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft