Forscherin Luise Graichen bat Probandinnen und Probanden, die von der Figur vorgezeigte Route durch die virtuelle Wüste möglichst genau zu verfolgen. 
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Selbsttest: Warum manche einen guten Orientierungssinn haben

Die einen navigieren zielsicher durch eine fremde Stadt, während sich andere sogar im eigenen Bezirk verirren. Wie kann das sein? Die Orientierungsforschung hat Antworten.

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Es ist fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit, die schwere Holztür des Instituts für Psychologie der Universität Wien schwingt auf. Luise Graichen wartet in ihrem Büro, dessen Raumnummer hat die Forscherin vorab per E-Mail mitgeteilt. An weißen Säulen prangen Hinweisschilder, die Zimmer sind mit vierstelligen Ziffern versehen. Die ersten beiden Zahlen dürften das Stockwerk bezeichnen, also ab in den Lift. Wieder weiße Wände, Gang reiht sich an Gang, Tür an Tür. Eine junge Frau lächelt entschuldigend, sie kenne sich hier auch nicht aus. Eine andere ist in ein Zoom-Gespräch vertieft und reagiert nicht auf verzweifelte Fragen. Schließlich ist das richtige Büro gefunden. Ganze 20 Minuten hat es gedauert. „Sie sind nicht die Erste, die sich hier verirrt. Wir scherzen darüber regelmäßig mit unseren Probandinnen und Probanden“, sagt Luise Graichen. Diejenigen, die den Weg gefunden hatten, schickte sie zuletzt umgehend ins nächste Labyrinth. In einer virtuellen Wüste mussten sie zuerst eine Person beobachten, wie sie zwischen Kakteen, Autowracks und Felsen umhersteuert – um die Route anschließend möglichst akkurat nachzuverfolgen.

Jede kennt das: Da gibt es die Freundin, der man beim Städtetrip getrost hinterhertrotten kann, weil sie sich in den unbekannten Häuserschluchten sofort einen Überblick verschafft. Und es gibt den Freund, der trotz genauer Wegbeschreibung das neue Restaurant nicht findet, das drei Straßen von seiner Wohnung entfernt eröffnet hat. Die Orientierungsforschung versucht zu klären, woran das liegt. Wie lernen wir, uns in fremder Umgebung zurechtzufinden? Welche Bereiche im Gehirn sind zuständig für den Orientierungssinn? Sind GPS und Navigationsgeräte Fluch oder Segen? Was ist dran an dem Mythos, Männer hätten eine bessere räumliche Orientierung als Frauen? Plus: Der Selbsttest zum Orientierungssinn.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.