"Stuhltransplantation": Grazer Uni-Klinik meldet Erfolge

Das Verfahren mag ekelerregend klingen, doch es erweist sich als Hoffnung für viele Kranke mit chronisch wiederkehrenden Darminfektion: Der Transfer von Stuhl aus einem gesunden in einen kranken Darm.

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An der Uniklinik für Innere Medizin in Graz wurde die sogenannte Stuhltransplantation seit 2011 rund 120 mal durchgeführt - in den meisten Fällen mit Erfolg, sagten die Mediziner am Mittwoch.

"Situation innerhalb weniger Wochen verbessert"

Die Patienten, die in den vergangenen vier Jahren zu Patrizia Kump und Christoph Högenauer kamen, hatten zuvor schon alle etablierten Therapien probiert, um ihre immer wieder kehrende Darminfektion mit ständigem Durchfall und Bauchkrämpfen einzudämmen: Er habe beispielsweise jahrelang Cortisonpräparate geschluckt und sich nach 15 leidvollen Jahren letztlich überlegt, den Darm überhaupt entfernen zu lassen, schilderte ein Patient im Pressegespräch an der Grazer Uniklinik. Eine Stuhlverpflanzung brachte ihm die lange ersehnte Hilfe: "Die Situation hat sich innerhalb weniger Wochen verbessert - und zwar nachhaltig", so der heute 34-Jährige, der den Eingriff vor knapp zwei Jahren in Graz vornehmen ließ.

"Bei der Stuhltransplantation übertragen wir den Stuhl eines gesunden Spenders in den Darm eines Kranken, um dessen geschädigtes Darm-Mikrobiom wieder aufzubauen", schilderte Högenauer, der im Jahr 2011 erstmals in Graz eine entsprechende Transplantation an einem lebensbedrohlich erkrankten Patienten durchgeführt hatte. Dabei werden über ein Endoskop die mit Wasser oder Kochsalz verdünnten Fäkalien - und damit vor allem eine ganze Menge wichtiger Darmbakterien - in den Dickdarm gespült.

Wenig Vorbehalte von Patientenseite

Patienten hätten generell wenig Vorbehalte gegen die Therapie, auch wenn sie auf den ersten Blick unappetitlich sein mag, sagte der Mediziner: "Wir hatten noch nie einen Fall, dass ein Patient die Option abgelehnt hätte". Ähnlich ging es dem 34-jährigen Patienten: "Für mich war klar, dass ich das mache". In seinem Fall war seine Frau die Spenderin.

Im Normalfall ist der Darm mit einem komplexen Zusammenschluss von Milliarden von Bakterien besiedelt, die vor Infekten schützen. Verschiebt sich ihre Zusammensetzung, ist der "Schutzpanzer" gestört und Eindringlinge wie etwa das Bakterium Clostridium difficile können sich ungestört ausbreiten. Kommt es immer wieder zu Infektionen, schafft es die Darmflora nicht mehr, sich zu erholen. Das kann bis zur Darmperforation und zu Sepsis führen.

Seit den 1990er-Jahren rückt die Verpflanzung des Darmmikrobioms zunehmend in den Fokus der Forschung: "Nach der Behandlung mit Fremdstuhl sind in Studien mehr als 90 Prozent beschwerdefrei, in Graz haben wir ähnliche Erfolge", schilderte Krump. Gemeinsam mit Högenauer hat sie im Vorjahr die österreichischen Leitlinien zur Stuhltransplantation veröffentlicht. In Österreich zählen beide Mediziner zu den Experten mit der größten Erfahrung mit dieser Methode. Nach den guten Erfolgen bei wiederkehrenden Clostridium diffizile-Infektionen versuchen die Grazer Mediziner das Verfahren bei anderen Formen von chronischen Darmentzündungen einzusetzen. Studien laufen, eine Publikation sei in Vorbereitung.