Sie unfruchtbar zu machen, aber nur auf Zeit und ohne Nebenwirkungen: So soll die Pille für den Mann im Idealfall wirken.
Wissenschaft

Jetzt aber wirklich: Antibaby-Mittel für den Mann

Verhütung ist seit Erfindung der Pille Frauensache. Welche Antibaby-Mittel es bald für Männer geben wird – und welche Nebenwirkungen sie haben.

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Oscar Ahlqvist ist ein seltenes Exemplar von einem Mann. Ein Jahr lang hat er für die Verhütung gesorgt – aber nicht mit Kondomen, sondern mit Hormonen. „Meine Freundin Kerstin verträgt die Pille nicht und litt unter schlimmen Nebenwirkungen. Also habe ich übernommen“, sagte der schwedische Krankenpfleger kürzlich dem Magazin „Science News“. 2022 war der damals 34-Jährige einer von weltweit 400 Männern, die das Hormongel NES/T im Rahmen einer klinischen Studie testeten. Täglich rieb sich Ahlqvist die Substanz auf die Schultern – so oft, wie seine Freundin früher die Pille nahm. Der Name NES/T stammt von den Wirkstoffen: den beiden Hormonen Nestoron und Testosteron. Ersteres wird synthetisch hergestellt und ist dem natürlichen Hormon Progesteron nachempfunden; es hemmt die Spermienproduktion sowie die Produktion von Testosteron. Dieses ist deshalb ebenfalls im Gel enthalten, um Lust und Sexualfunktion zu erhalten.

Ich würde das Gel definitiv jedem empfehlen, der die Chance bekommt, es zu probieren.

Oscar Ahlqvist, Tester der ersten Stunde

Das Gel ist eines von mehreren Verhütungsmitteln, die derzeit für den Mann entwickelt werden. Aktuell bleiben Männern nur zwei Möglichkeiten, bei der Empfängnisverhütung mitzuwirken: Kondome oder eine Vasektomie, die dauerhafte Durchtrennung der Samenleiter. „Seit Erfindung der Antibabypille 1960 ist Verhütung Frauensache. Gerecht ist das nicht“, sagt Shahrokh Shariat, Leiter der Universitätsklinik für Urologie an der Medizinischen Universität und am AKH Wien. Er beobachtet die Entwicklung von Verhütungsmitteln für Männer seit Jahren. „Es geht um geteilte Verantwortung zwischen den Geschlechtern einerseits und um mehr Autonomie für die Männer andererseits.“

Franziska Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort, ihre Schwerpunkte sind Klima, Medizin, Biodiversität, Bodenversiegelung und Crime.