Wissenschaft

Vitamin D: Neue Richtlinie rät von beliebten Tests ab

Neue Daten zu einem heißen Thema: Vitamin-D-Präparate und Tests werden, von klar definierten Personengruppen abgesehen, als nutzlos eingestuft.

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Zuletzt ging es Schlag auf Schlag: Beinahe im Wochentakt erschienen wissenschaftliche Arbeiten zu einem Gesundheitsthema, das die Gemüter erhitzt wie sonst nur die Alternativmedizin: Gilt Vitamin D zu Recht als eine Art Wundermittel? Viele Menschen sind überzeugt davon, lassen sich regelmäßig testen und schlucken Nahrungsergänzung, während sich in der Fachwelt die Skepsis mehrt.

Ende Juni veröffentlichte nun ein 16-köpfiges Team von Medizinerinnen und Medizinern aus den USA, Kanada, Neuseeland und Irland weitreichende Empfehlungen zur Einnahme und Testung von Vitamin D. Kernaussage des 40 Seiten starken Dokuments: Erstens raten die Fachleute von Routinetests des Vitamin-D-Spiegels in der breiten Allgemeinbevölkerung ab. Das gelte auch für Übergewichtige und Menschen mit dunklem Teint. Es gebe keine klinische Evidenz für den Nutzen der beliebten Tests, die vielfach auch für den Heimgebrauch beworben werden.

Zweitens zählt das Autorenteam jene Personengruppen auf, denen die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten anzuraten ist: Kinder und Jugendliche, Personen über 75 Jahre, Schwangere sowie Menschen mit hohem Diabetesrisiko. Personen zwischen 19 und 74 Jahre dagegen könnten auf entsprechende Nahrungsergänzung verzichten – für deren Nutzen liege kein empirischer Beleg vor. Wie viel sollen jene Gruppen einnehmen, denen eine Supplementation empfohlen wird? Das sei mangels solider Evidenz für die optimale Dosis nicht eindeutig zu beantworten.

Studie wegen schwerer Mängel zurückgezogen

Ende Juni erschien auf dem Internetportal „Retraction Watch“ eine weitere Veröffentlichung über Vitamin D. Retraction Watch befasst sich mit wissenschaftlichem Fehlverhalten und beleuchtete diesmal ein Thema, das während der Pandemie viel Aufmerksamkeit erfuhr: Vitamin D zur Behandlung von Covid-19. Leider scheinen diesbezügliche Hoffnungen nicht berechtigt zu sein: Eine viel zitierte Studie, die positive Effekte behauptet hatte, wurde nun zurückgezogen – aufgrund zu vieler schwerer methodischer Mängel.

Nur wenige Wochen zuvor publizierte das Fachmagazin „Spektrum der Wissenschaft“ eine Bilanz der Datenlage zu Vitamin D und trat dabei in Opposition zu gängigen Vorstellungen über den Nutzen zusätzlicher Vitaminzufuhr. Unter anderem ging es um die Frage, wie es sein kann, dass so viele Menschen angeblich unter einem Vitamin-D-Mangel leiden. Fast jeder kennt diese Diagnose vom Arztbesuch, und mitunter scheint es, als gäbe es kaum jemanden mit Vitamin-D-Werten im Normbereich. Laut „Spektrum“ liegt das nicht zuletzt an einem Missverständnis, was ein Mangel sein soll.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft