Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner: „Das gäbe eine bürokratische Explosion“

Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) verteidigt die von ihm geplante und von Wissenschaftern scharf kritisierte Raumordnungsnovelle.

Drucken

Schriftgröße

profil: Sie haben angekündigt, dem Flächenfraß ein Ende zu machen. Experten sagen jedoch, dass dies mit Ihrem Gesetz nicht funktionieren wird. Haben Sie weitere Änderungen vor?

Achleitner: Wir haben die Raumordnung auf zwei Standbeine gestellt: eine Raumordnungsstrategie und die Gesetzesnovelle. Nicht alles muss in Paragrafen gegossen werden, wir wollen ein schlankes Modell aufbauen. Ein Beispiel: Manche forderten verpflichtende Grünlandzonen für alle Gemeinden, da bin ich dagegen. Wir brauchen Grünlandzonen nur da, wo es Siedlungsdruck gibt, etwa im Großraum Linz oder in der Umgebung Steyr. In meiner Heimatgemeinde mit 600 Einwohnern brauchen wir keine Verpflichtung.

profil: Wie wollen Sie Dinge durchsetzen, die nicht im Gesetz verankert sind?

Achleitner: Indem wir es einfach tun. Wir haben in besagten Gebieten auch ohne gesetzliche Basis Grünlandzonen erarbeitet und verordnet. profil: In Oberösterreich hat die Raumplanung bisher nicht gut funktioniert. Die meisten Gemeinden sind umzingelt von Gewerbe-und Industriegebieten. Achleitner: Da muss ich widersprechen. Die Bauwidmungen sind mit rund 60.000 Hektar in den vergangenen 20 Jahren in etwa gleichgeblieben, die Baulandreserven sind von 19.000 auf 12.000 Hektar zurückgegangen. (Das heißt, 7000 Hektar wurden verbaut, Anm.)

profil: Das aktuelle Gesetz hebelt die Strategische Umweltprüfung aus. Kann man das in Zeiten des Klimawandels noch verantworten?

Achleitner: Das ist nicht richtig. Die Strategische Umweltprüfung ist im Gesetz und bleibt auch dort. Bei manchen Bauprojekten macht diese Prüfung jedoch keinen Sinn. Das gäbe eine bürokratische Explosion.

profil: Eine verpflichtende Leerstandsdatenbank, die verhindern würde, dass auf dem Acker gebaut wird, während im Kerngebiet Gebäude leer stehen, hat es auch nicht ins Gesetz geschafft. Warum?

Achleitner: Wir haben bereits eine Datenbank erstellt, wo alle betrieblichen Leerstände digital erfasst sind. Diese werden prioritär behandelt. Ich bin kein Freund davon, Gesetze mit Vorschriften zu überfrachten.

profil: Die Gemeinden widmen, das Land hat aber das letzte Wort. Selten wurde ein Veto eingelegt. Haben Sie vor das nun öfter vor?

Achleitner: In meiner Amtszeit ist das schon oft passiert. Zum Beispiel wäre das neue Linzer Stadion in einem Grünland am Pichinger See geplant gewesen. Wir haben verhandelt, dass es am bestehenden Standort in Linz errichtet wird. Auch eine Supermarktwidmung am Ortsrand von Raab im Innviertel haben wir abgelehnt. Jetzt bleibt der bestehende Nahversorger im Ortszentrum. In der Vergangenheit wurden viele Einkaufszentren am Kreisverkehr errichtet. Das soll mit dem neuen Gesetz nicht mehr passieren.

profil: Wissenschafter befürchten das Gegenteil. Den Passus, wonach die Hälfte der Autos bei neu gebauten Einkaufszentren künftig in Parkdecks oder Tiefgaragen stehen muss, haben Sie im zweiten Entwurf wieder entschärft.

Achleitner: Wir haben hier eine sinnvolle Ergänzung vorgenommen. Bestehende, kleinere Supermärkte in den Zentren sind nun ausgenommen, weil sie sonst nicht ausbaubar wären und erst recht an den Rand abwandern würden.

profil: Klein ist relativ. Bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche dürfen Supermärkte weiterhin alle Pflichtparkplätze ebenerdig anlegen.

Achleitner: Bisher haben Supermärkte oft das Vierbis Sechsfache der Pflichtparkplätze errichtet, weil draußen der Grund billig war. Damit ist nun Schluss.

 

Mehr zum Thema: Betonfieber. Wird so gedankenlos weiter gebaut wie bisher, ist Österreich 2050 praktisch zugepflastert. Und: Wiener Neustadt könnte die erste komplett zugebaute Stadt Österreichs werden.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.