Arbeitskräftemangel in Salzburg: Landeshauptmann Haslauer am Holzweg
Die Gründe für diese Situation (Personalmangel, Anm.) sind sehr unterschiedlich. Da gibt es den demografischen Wandel, kombiniert mit der Tatsache, dass aus unseren Hauptherkunftsländern Kroatien, Ungarn, Slowakei die Leute nicht mehr kommen. Weil das Preisgefälle nicht mehr so stark ist.
Größtenteils falsch
Das Schnitzel im Ausflugsgasthaus paniert sich nicht von allein, es bringt sich nicht selbst zum Tisch und auch der schmutzige Teller wird nach dem Essen nicht wie von Zauberhand abgewaschen. Das ist ein Problem, denn: In Österreichs Tourismusregionen mangelt es an Arbeitskräften. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) erklärt dazu: „Die Gründe für diese Situation (Personalmangel, Anm.) sind sehr unterschiedlich. Da gibt es den demografischen Wandel, kombiniert mit der Tatsache, dass aus unseren Hauptherkunftsländern Kroatien, Ungarn, Slowakei die Leute nicht mehr kommen. Weil das Preisgefälle nicht mehr so stark ist.“
Aber ist das wirklich so? Woher stammen die meisten ausländischen Arbeitskräfte in Salzburg? Und: Kommen sie tatsächlich nicht mehr nach Österreich? faktiv hat sich durch Arbeitsmarktdaten gewühlt und mit Fachleuten gesprochen. Mit dem Ergebnis: Haslauers Behauptung stimmt so nicht.
Herkunft: Deutschland
Daten des Arbeitsmarktservice (AMS) zeigen: In Österreich gab es Ende Juni fast vier Millionen unselbständig Beschäftigte, 24 Prozent waren ausländische Staatsangehörige. „Hauptherkunftsländer“ in Salzburg sind Deutschland (21 Prozent), Ungarn (elf Prozent) und Bosnien-Herzegowina (acht Prozent). In Hotellerie und Gastronomie sieht das anders aus. „Hauptherkunftsländer“, wie Haslauer sagt, sind die von ihm angeführten Staaten - Kroatien, Ungarn, die Slowakei - aber auch dort nicht so eindeutig: Viele ausländische Arbeitskräfte stammen zwar aus Ungarn und Kroatien (24 und acht Prozent), aber ebenso aus Deutschland (zwölf Prozent). Freilich hat Deutschland auch rund zehn Mal so viele Einwohner wie Ungarn und 20 Mal so viele wie Kroatien.
Mehr ausländische Arbeitskräfte
Den Ausführungen des Salzburger Landeshauptmannes zum Personalmangel - „die Leute kommen nicht mehr“ - kann das ÖVP-geführte Arbeitsministerium nichts abgewinnen. Auf profil-Anfrage heißt es: „Die Entwicklung der beschäftigten Ausländer lässt keinen Rückgang der Ausländerbeschäftigung erkennen, im Gegenteil.“ Im Vergleich zum Vorjahr sind derzeit sogar mehr ausländische Arbeitskräfte in Österreich tätig – auch im Tourismus, wie das AMS bestätigt. In Salzburg arbeiteten im Juni in absoluten Zahlen 20 Prozent mehr ausländische Angestellte in Hotellerie und Gastronomie als im Vorjahr.
Auf profil-Anfrage heißt es aus dem Büro von Haslauer, dass seine Aussage auf „regelmäßigem Austausch mit Touristikern“ basiere. Und: Der Lohnunterschied zwischen Österreich und Ungarn etwa sei nicht mehr so groß wie vor einigen Jahren, sodass „weniger Arbeitskräfte aus dem Ausland für den österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“. Tatsächlich ist das Lohnniveau in Ungarn in den letzten Jahren gestiegen (2019 etwa um sieben Prozent). Dass deswegen weniger Arbeitsmigranten nach Österreich kommen wollen, kann Haslauer nicht belegen: Studien dazu kenne man nicht. Sowohl das Arbeitsministerium als auch die Arbeiterkammer (AK) können die Argumentation so nicht bestätigen. Aus dem Büro von Minister Martin Kocher heißt es, dass „keine Vergleichsdaten vorliegen, die aussagekräftig genug wären, um diese Frage seriös zu beantworten.“ Silvia Hofbauer, Leiterin für Arbeitsmarkt der AK Wien, sagt: „Wir haben keine Infos darüber, ob sich das Lohnniveau in diesen Ländern maßgeblich erhöht hat, aber dass auch dort Arbeitskräfte vermehrt gesucht werden, ist klar.“
Arbeitskräftemangel hat unterschiedliche Ursachen
Die Gründe für den Personalmangel in Österreich sind vielschichtig. Die demografische Entwicklung, die Haslauer treffenderweise anführt, ist jedenfalls eine von mehreren Ursachen. Kurzfristig sind wegen der Pandemie 2020 auch tatsächlich weniger ausländische Arbeitskräfte gekommen. Was der Landeshauptmann nicht erwähnt, laut Arbeitsmarktexperten aber großes Gewicht hat, sind unattraktive Arbeitsbedingungen (unregelmäßige Dienste, niedrige Löhne) in Hotellerie und Gastronomie. Der generelle Strukturwandel in der Berufswelt, in der Vollzeit-Verträge für viele Arbeitnehmer keine absolute Priorität mehr haben, spielt ebenfalls eine Rolle. Und: In Tourismusbundesländern ist die Kinderbetreuungsinfrastruktur oft besonders prekär – in Salzburg haben rund zehn Prozent der Betreuungsstätten nur halbtags offen. In Wien liegt die Quote bei einem Prozent.
Fazit
Dass es in Salzburg weniger ausländische Arbeitskräfte gäbe, ist nicht richtig, ebenso wie Haslauers Angaben zu deren Herkunft. Seine Aussage ist damit größtenteils falsch.