Faktencheck: Ist das die teuerste Regierung aller Zeiten?

FPÖ-Chef Herbert Kickl bezeichnet die Dreier-Koalition als teuerste der Geschichte. Eine profil-Berechnung zeigt: Passt man die Bezüge an die Inflation an, waren die Regierungen Gusenbauer und Faymann teurer als die Regierung Stocker.

Drucken

Schriftgröße

TeuRaZ - die teuerste Regierung aller Zeiten. So wird die Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos von Boulevardmedien und von der FPÖ genannt. „Das Ganze zum Diskontpreis von 5,5 Millionen Euro im Jahr. Das ist ein regelrechtes Schnäppchen“, ätzte der freiheitliche Parteichef Herbert Kickl bei seiner Aschermittwochsrede sarkastisch. 

5,5 Millionen Euro. Damit meint Kickl die Bruttojahresbezüge der 21 Regierungsmitglieder, also von Kanzler, Vize, Ministern und Staatssekretären. Vorneweg: Diese Zahl ist korrekt.

Aber stimmt es auch, dass diese Regierung die teuerste ist?

Es ist kompliziert: Die Gehälter der Spitzenpolitikerinnen und -politiker sind seit 1997 im Bezügegesetz geregelt. Blickt man auf die absoluten Zahlen, verdienen neue Bundeskanzler natürlich meist mehr als ihre Vorgänger – das liegt ganz einfach daran, dass auch Politikergehälter an die Teuerung angepasst werden. Christian Stocker verdient monatlich etwa 2000 Euro brutto mehr als sein Vorvorvorgänger Sebastian Kurz im Jahr 2017. Den sogenannten jährlichen Anpassungsfaktor für Politikergehälter veröffentlicht der Rechnungshof, der sich im Wesentlichen an der Inflation orientiert. 

Der Anpassungsfaktor ist der maximale Prozentsatz, um den die Politikergehälter steigen dürfen. Allerdings – und das ist der entscheidende Punkt – kann der Nationalrat auch beschließen, die Gehälter einzufrieren („Nulllohnrunde“) oder nur in geringerem Ausmaß anzuheben.

Von 2009 bis einschließlich 2012 wurde die Anpassung der Politikerbezüge ausgesetzt – die Regierung wollte während der Finanzkrise zeigen, dass sie auch einen Beitrag zum Sparen leistet. Die Folge: Ein selbstverschuldeter Reallohnverlust. Auch 2018, 2019, 2021, 2024, und zuletzt 2025 wurde die Erhöhung ausgesetzt.  

Um einen fairen Vergleich ziehen zu können, wie teuer eine Regierungsriege ist, muss man die Gehälter vergangener Regierungen an die Inflation anpassen. profil hat das aufwändig anhand des Anpassungsfaktors des Rechnungshofs berechnet – der Rechnungshof zieht dafür entweder die Inflation des Vorjahres oder die Höhe der Pensionsanpassungen heran, je nachdem, welcher der beiden Werte niedriger ist.

Konkret hat profil etwa das Gehalt von Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer aus dem Jahr 2007 jährlich um den Anpassungsfaktor bzw. die Inflation erhöht, und zwar auch in den Jahren, in denen die Gehaltserhöhungen per Beschluss ausgesetzt wurden. Ergebnis: Inflationsbereinigt würde Gusenbauer heute rund 31.506 Euro brutto monatlich verdienen, Amtsinhaber Stocker verdient aber nur 23.840 Euro. Die Diskrepanz kommt durch die vielen Nulllohnrunden zustande.

Vergleicht man die beiden Regierungsriegen Gusenbauers und Stockers, dann kostete die Regierung Gusenbauer den Steuerzahler zum Amtsantritt im Jahr 2007 4,4 Millionen Euro an Bruttojahresbezügen, inflationsbereinigt (nach empfohlener Anpassung des Rechnungshofs) wären das fast sieben Millionen Euro heute. Die Regierung Gusenbauer war also unter Berücksichtigung der Geldentwertung deutlich teurer als die heutige Regierung Stocker, die heuer rund 5,5 Millionen Euro an Bezügen bekommen wird. Und das, obwohl die Regierung Gusenbauer bei ihrer Angelobung ein Mitglied – konkret: einen Staatssekretär – weniger hatte als die neue Dreier-Koalition.

2013 zählte die Regierung Faymann II bei ihrer Angelobung 17 Mitglieder (davon 15 Minister und zwei Staatssekretäre), die monatlichen Bezüge der gesamten Regierungsbank: 284.915 Euro, 14-mal jährlich ergibt das: 3.988.810 Euro. Inklusive für 2025 wurden seither fünf Nulllohnrunden für die Bezüge der Regierung beschlossen. Hätte der Nationalrat den empfohlenen Anpassungsfaktor des Rechnungshofs angenommen, würde der Jahresbezug der Faymann II Regierung bereinigt 5.564.804 Euro betragen, und das bei vier Regierungsmitgliedern weniger.

Betrachtet man die Größe vergangener Bundesregierungen, fällt auf: Ja, die derzeitige Regierung ist eine der größten, aber sie ist dennoch nicht die größte. Die Regierung Sinowatz zählte 1983 insgesamt 22 Mitglieder mit gar acht Staatssekretären. Die darauffolgende Regierung Vranitzky I 1986 zählte wie heute 21 Regierungsmitglieder. Damals gab es aber weder ein einheitliches Bezügegesetz noch den Euro, was inflationsbereinigte Vergleiche erschwert.

Der Politikwissenschafter Laurenz Ennser-Jedenastik hält die alleinige Betrachtung von Politikergehältern ohnehin für unvollständig. Denn hinter den Ministern und Staatssekretären stehe ein weitaus kostspieliger Apparat. Was eine Regierung tatsächlich koste, könne erst später bewertet werden. Kostenstellen wie externe Berater, Inserate oder das Personal der Kabinette machen sich wesentlich stärker beim Budget bemerkbar als die Bezüge der Amtsträger, die seit Jahren einen realen Verlust einfahren. Randbemerkung von Ennser-Jedenastik: „Das gibt es in keiner anderen Branche in Österreich.“ Wo der Politik-Experte tatsächlich ein gewaltiges Einsparungspotenzial sieht: bei der Parteienförderung, der Klubförderung und der Parteienakademien-Förderung, die aktuell auf 250 Millionen Euro zu beziffern ist.

Auf profil-Anfrage erklärt der freiheitliche Parlamentsklub, dass sich die Aussagen zur teuersten Regierung einerseits auf Schätzungen zu den erwarteten Kosten der Kabinette beziehen. Deren genaue Größe ist noch nicht öffentlich. Zum Zweiten bezieht sich die FPÖ auf die Kopfzahl vergangener Regierungen. In den Augen der Freiheitlichen sind die nunmehr 21 Regierungsmitglieder „ein Affront gegenüber den Österreichern“, die sparen müssen. Eine Inflationsbereinigung nahm die FPÖ bei ihrer Berechnung allerdings nicht vor – nach dieser Logik wäre auch die FPÖ-geführte steirische Landesregierung die teuerste aller Zeiten.

Fazit

Kickls Behauptung, wonach die Dreierkoaltion die teuerste Regierung aller Zeiten sei, ist irreführend. Anhand der Anzahl der Regierungsmitglieder ist die Regierung Stocker die zweitgrößte seit den 1980er-Jahren.

Zwar sind die Bruttobezüge bei Amtsantritt der aktuellen Regierung Stocker in absoluten Zahlen die höchsten bisher, der Vergleich absoluter Bezüge ohne Inflationsbereinigung macht aber wenig Sinn. Passt man die Bezüge früherer Regierungen an die zwischenzeitliche Teuerung an, zeigt sich, dass es einige Koalitionen gab, die mehr kosteten als die aktuelle.

Wie teuer die neue Regierung in Summe ist, wird sich erst zeigen: Wenn klar ist, wie viele Mitarbeiter in den Kabinetten arbeiten und wie viel für Eigen-PR ausgegeben wird.

Übrigens, auf profil-Anfrage erklärt die Parlamentsdirektion, dass ein Umbau der Regierungsbank nicht notwendig war. Lediglich die Bestuhlung wurde für 21 Regierungsmitglieder angepasst. Sprich: Es wurden schmalere Sessel aufgestellt.

Was verdienen Kanzler und Co.?

Grundsätzlich regelt das Bundesbezügebegrenzungsgesetz von 1997 die Gehälter der Poltik. Als Basis wird dabei der Bezug eines Mitglieds des Nationalrats herangezogen, darauf aufbauend ergibt sich eine Gehaltspyramide für 2025:

  • (250 Prozent) Bundeskanzler 23.841 Euro
  • (220 Prozent) Vizekanzler 20.979 Euro
  • (200 Prozent) Ministerinnen und Minister 19.072 Euro
  • (180 Prozent) Staatssekretäre 17.165 Euro

Der Rechnungshof bestimmt einen Anpassungsfaktor auf Basis der gemeldeten Teuerung durch die Statistik Austria, dieser gilt als Maximalbegrenzung für die Erhöhung, die der Nationalrat bestimmen muss. 

Der Nationalrat kann darüber entscheiden, ob sie die Anpassung aussetzt (Nulllohnrunde) oder darunter annimmt. Durch die vielen Nulllohnrunden auf zum Teil unterschiedlichen Ebenen zwischen Bund, Land und Gemeinden oder sogar innerhalb einer Ebene, hat sich die Gehaltspyramide in den letzten Jahren zum Nachteil von Regierungsämtern verzogen.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef und seit 2025 Mitglied der Chefredaktion bei profil. Gründete und leitet den Faktencheck faktiv.

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im profil-Digitalressort und Teil des faktiv-Teams. Zuvor bei der Wiener Zeitung und ORF.