Studien widerlegen Impfmythen von Belakowitsch
Diese Impfung hat überhaupt nicht geschützt. Es hat keine wissenschaftliche Bestätigung gegeben, dass diese Impfung wirkt.
Falsch
Die Aussage von Dagmar Belakowitsch ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Es hat keine wissenschaftliche Bestätigung gegeben, dass diese Impfung wirkt“, sagte die FPÖ-Politikerin am 25. Februar in der ORF-Sendung „Report“. Die studierte Medizinerin fügte weiters hinzu, es gebe nicht „einen einzigen Beweis, dass diese Impfung auch nur irgendetwas beigetragen hat, um die Pandemie wegzudrängen.“
Mit „der Impfung“ sind natürlich die Impfstoffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 und die dadurch hervorgerufene Erkrankung Covid-19 gemeint. Freilich: Die Entschiedenheit, mit der Belakowitsch ihre Behauptungen vorträgt, macht diese nicht richtiger. Ihre Aussagen sind faktisch falsch. Tatsächlich liegt eine überwältigende Menge an wissenschaftlicher Evidenz zur Wirksamkeit der Impfungen vor. Generell ist die Pandemie das meiststudierte Sachthema überhaupt: Im Moment weist allein die Medizindatenbank PubMed beinahe 500.000 Treffer aus, wenn man den Suchbegriff „Covid-19“ eintippt – eine halbe Million Fachartikel wurden zu diesem Thema bisher verfasst.
Zu den Impfstoffen gibt es Hunderte Studien, wobei die Wirksamkeit gegen eine Infektion ebenso untersucht wurde wie Schutz vor Erkrankung, schwerem Verlauf, Krankenhausaufenthalt und vorzeitigem Tod. Andere Arbeiten studierten die Antikörperantwort, wieder andere die Effekte der Impfstoffe gegen verschiedene Virusvarianten. Insgesamt gibt es heute Studien aus allen Phasen der Pandemie. Bei vielen davon handelt es sich um Meta-Analysen: um eine Zusammenschau anderer Arbeiten und eine Bilanzierung von deren Resultaten, wobei jeweils bis zu 50 Studien eingeschlossen wurden. Es geht also nicht um Einzelbefunde, sondern um eine Zusammenführung großer Datenmengen, gleichsam um ein Destillat aller existierenden Evidenz.
Daten von mehr als 60 Millionen Menschen
Im Folgenden finden Sie eine Auswahl der wichtigsten Studien und Meta-Analysen, wobei sämtliche Studien im Original verlinkt wurden. Alle interessierten Leserinnen und Leser können die Arbeiten im Volltext nachlesen, um sich selbst ein Bild zu machen. Die zitierten Fachartikel umfassen in Summe deutlich mehr als 100 Studien, die mindestens 60 Millionen Menschen aus aller Welt einschlossen.
Eine der frühesten Studien zum Thema erschien im April 2021 im renommierten Fachjournal „New England Journal of Medicine“ und konzentrierte sich auf den Impfstoff BNT162b2 von Biontech/ Pfizer. Verglichen wurden zwei Personengruppen aus Israel, eine mit zwei Dosen geimpfte und eine ungeimpfte. Die Gruppen umfassten jeweils knapp 600.000 Personen, in Summe also fast 1,2 Millionen Menschen. Der Vergleich zeigte vor allem nach der zweiten Impfdosis hohe Wirksamkeit gegen Infektionen, symptomatische und auch ernste Erkrankungen, gegen Hospitalisierung und Tod. Interessant in der Rückschau ist, dass damals auch guter Schutz gegen eine Infektion gewährleistet war. Dieser Nutzen ließ parallel zum Aufkommen neuer Virusvarianten nach.
Die Grafik unten zeigt die Unterschiede zwischen nicht Geimpften (rot) und Geimpften (blau) in Bezug auf Infektion (A), symptomatische Infektion (B), Krankenhausaufenthalt (C) und schwere Erkrankung (D). Zwei Wochen nach der Impfung laufen die Kurven deutlich auseinander:
Im September 2021 veröffentlichte das Fachmagazin „Nature Medicine“ einen Artikel über den zweiten damals verfügbaren mRNA-Impfstoff: mRNA-1273 von Moderna. In diesem Fall waren knapp 260.000 Personen bei der Auswertung berücksichtigt, und die Ergebnisse waren ähnlich. Das Autorenteam folgerte: „Unsere Analyse demonstriert hohe Effektivität des mRNA-1273-Vakzins, ungeachtet der Variante, gegen symptomatische wie auch asymptomatische Infektion, gegen Covid-19-Hospitalisierung und Tod.“
Auch zu dieser Studie eine Grafik, die das Ausmaß der Wirksamkeit in verschiedenen Zeitfenstern nach der Impfung zeigt:
Das ebenfalls bedeutende Medizinjournal „The Lancet“ publizierte im Februar 2023 eine Meta-Analyse, basierend auf 28 Studien und Daten von rund 500.000 Personen, erfasst bis Herbst 2022. Im konkreten Fall wollten die Forschenden wissen, wie zuverlässig sich der Impfschutz anhand von Antikörpern ablesen lässt. In ihrer Interpretation halten sie fest: „Die Wirksamkeit der SARS-CoV-2-Impfstoffe ist höher bei der Verhinderung schwerer Infektionen und Todesfälle als bei milderen Infektionen.“ Hier wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich ab dieser Zeit eine später viel diskutierte Abweichung zeigte: Gute Wirkung gegen schwere oder gar tödliche Verläufe, schlechtere Wirkung gegen milde Infektionen. Weiters schreiben die Autoren: „Die Wirksamkeit schwindet mit der Zeit, kann aber durch einen Booster wieder gesteigert werden.“
Sichere Evidenz für Schutz vor schwerer Krankheit
Ebenfalls im Jahr 2023 erstellte die Cochrane Collaboration ein mehr als 300 Seiten umfassendes Kompendium zum Thema Wirksamkeit und Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen – eine Gesamtbewertung aller bis dahin verfügbaren Evidenz. Cochrane ist die wichtigste international akzeptierte Instanz, wenn es um die Sichtung und Bewertung medizinischer Studien und deren Aussagekraft geht. In die konkrete Auswertung flossen 41 Studien mit zwölf verschiedenen Covid-Impfstoffen ein. Die größten der berücksichtigten Studien fußten auf Daten von mehr als 44.000 Personen. Das Autorenteam bestand aus Dutzenden Forschenden von Universitäten rund um die Welt – von Frankreich bis Chile, von Deutschland bis Südafrika, von Dänemark bis Irland.
Die Kernaussagen: Bei den meisten Impfstoffen, vor allem jenen auf mRNA-Basis, bestehe hohe Gewissheit, dass sie geeignet seien, symptomatische Infektionen und schwere Erkrankungen zu reduzieren. Bei manchen Präparaten, etwa Novavax, wurde die Gewissheit mit „moderat“ bewertet. Schlussfolgerung der Autoren: „Verglichen mit Placebo, reduzieren die meisten Impfstoffe den Anteil der Personen mit symptomatischem Covid-19 oder tun dies wahrscheinlich.“ Es bestehe „sehr sichere Evidenz, dass sie schwere oder kritische Erkrankungen reduzieren“.
Zur Frage der Sicherheit wird vermerkt: „Es gibt in Bezug auf schwere Nebenwirkungen vermutlich wenig oder keinen Unterschied zwischen den meisten Impfungen und Placebo.“
Es gibt auch Arbeiten aus 2024 und sogar 2025, sodass inzwischen praktisch alle Phasen der Pandemie abgedeckt sind. Ende 2024 erschien eine Meta-Analyse, die 50 bis Februar 2024 publizierte Studien berücksichtigte und den Impfstoffen von Biontech und Moderna einen „robusten Schutz vor einer Hospitalisierung“ attestierte. Zugleich wurde auf den Einfluss neuer Virusvarianten wie Omicron verwiesen. Ausführlicher befasste sich mit diesem Thema ein heuer veröffentlichter Fachartikel, der der Frage nachging, wie gut verschiedene Impfstoffe vor verschiedenen Virusvarianten schützen. Man habe generell hohen, zugleich aber recht heterogenen Schutz festgestellt, schreiben die Autoren, je nach Impfstofftechnologie. Traditionelle Impfstoffe würden besonders bei den später entstandenen Virusvarianten weniger Schutz bieten.
Einfluss der Virusvarianten
Eine erst diesen Februar veröffentlichte Meta-Analyse bezog sich direkt auf die Omicron-Variante. Diese Zusammenschau von 33 anderen Studien stützte sich auf Daten von immerhin 56 Millionen Personen. Die Wirksamkeit der Impfungen gegen eine Infektion, gemittelt über alle Virusvarianten, liege bei mehr als 70 Prozent, berichten die Autoren. Betrachte man jedoch Omicron separat, sinke die Effektivität gegen eine Infektion auf 26 Prozent.
Hier wird deutlich erörtert, wie die Virusevolution das Geschehen beeinflusst hat: Zu Beginn war der Schutz auch vor Infektion sehr hoch, spätestens mit Omicron sank er aber deutlich ab. Da war nur etwa jede vierte Person davor geschützt, sich anzustecken. Allerdings: Auch 26 Prozent Schutz sind ein Schutz, wenn auch ein eingeschränkter. Auf jeden Fall ist deshalb eine weitere Behauptung von Belakowitsch vor der ORF-Kamera nicht haltbar: Es gebe „keinen einzigen Beweis, dass diese Impfung auch nur irgendetwas beigetragen hat, um die Pandemie wegzudrängen“.
Das stimmt nicht. Denn wenn Impfungen die Zahl von Ansteckungen verringert – ob nun zu 70 oder zu 25 Prozent – hat sie in jedem Fall Auswirkungen auf das Ausbreitungsgeschehen eines Virus.
Ernsthafte Erkrankungen, so die Studienautoren weiter, seien – anders als bloße Infektionen – weiterhin in hohem Maß eingedämmt worden, wenn auch aufgrund von Omicron ebenfalls nicht so zuverlässig wie davor.
Wieviele Leben die Impfung rettete
Und es hilft naturgemäß auch im Kampf gegen eine Pandemie, wenn schwere Erkrankungen, Notfälle im Krankenhaus und Sterberaten reduziert werden – in welchem Ausmaß die Impfung dabei unterstützte, errechnete „The Lancet“ in einer Publikation im September 2024. Das Journal schätzte die Zahl der Menschenleben ab, die dank der Impfungen zwischen Dezember 2020 und März 2023 gerettet wurden. Für 54 Länder der WHO-Europaregion wiesen die Forschenden eine Reduktion der Sterblichkeit um 59 Prozent aus. Die Impfungen hätten in diesen Ländern rund 1,6 Millionen Leben gerettet.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Es liegt über viele Jahre und aus Hunderten Studien sehr solide Evidenz vor, dass die Covid-Impfungen wirkten und wirken – gegen Infektionen in schwankendem Ausmaß ebenso wie sehr zuverlässig gegen schwere Verläufe und Todesfälle. Es ist somit schlicht unwahr und fachlich widerlegt, dass es „keine wissenschaftliche Bestätigung gegeben“ habe, „dass diese Impfung wirkt“. Damit Belakowitsch richtig liegt, müssten sich einige hundert Forschende von völlig verschiedenen Universitäten rund um den Globus, die unabhängig voneinander Daten zu in Summe gut 60 Millionen Personen analysierten und diese in verschiedensten anerkannten Fachjournalen veröffentlichten, gemeinschaftlich komplett irren. profil übermittelte sämtliche angeführten Studien auch an Dagmar Belakowitsch, verbunden mit der Frage, ob sie angesichts dieser Evidenz ihre Position überdenken wolle. Sie antwortete nicht.