Faktencheck

Gratis Öffis für Kärntner unter 18: Regierungsversprechen vergessen

Kostenlose Öffis für alle unter 18. Dieses Versprechen steht im Kärntner Koalitionsvertrag von SPÖ und ÖVP. Bloß haben die Parteien darauf vergessen.

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Kostenloses „Kärntner-Öffi-Ticket“ für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre

Regierungsprogramm 2018 – 2023

„Kärnten Koalition“, SPÖ/ÖVP, Seite 35

Falsch

Bis zur Landtagswahl am 5. März muss sich Kärnten zum „kinder- und jugendfreundlichsten Land Europas“ entwickelt haben. So steht es zumindest im rot-schwarzen Regierungsabkommen. 2018 haben SPÖ-Landeschef Peter Kaiser und ÖVP-Landesrat Martin Gruber das Koalitionspapier mit diesem Ziel unterzeichnet. Neben - vermutlich beabsichtigt - unpräzisen Superlativen gibt es auch vereinzelte konkrete Vorhaben: So steht im Übereinkommen ein „kostenloses ,Kärntner-Öffi-Ticket’ für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre“. Ein Faktencheck zeigt, was aus dem Versprechen wurde, an das sich die Landesregierung nun nur ungern erinnern lässt. Und: Wie es um die Kinder- und Jugendfreundlichkeit in Kärnten tatsächlich steht. 

Eine halbe Stunde braucht die 14-jährige Marija P. aus Srejach am Klopeinersee ins nächstgelegene Gymnasium: Zuerst marschiert die Schülerin die Dorfstraße bis zur Bushaltestelle, die Fahrt mit dem Postbus in die Bezirkshauptstadt Völkermarkt dauert rund 20 Minuten. Der Schulweg ist mühsam, der Bus mitunter zu spät. Doch zumindest der Ticketpreis ist Service und Infrastruktur angemessen: 19,60 Euro zahlen Marijas Eltern jährlich für die sogenannte Schülerfreifahrt. Die Leistung des Bundes wurde 1971 eingeführt und erlaubt Schülern und Lehrlingen die Öffi-Nutzung von zuhause zur Unterrichtsstätte – und zurück. Die Bus- oder Bahnfahrt in der Freizeit ist nicht inkludiert und kommt deutlich teurer: Ein „JUGEND.mobil-Ticket“ der Kärntner Linien kostet zusätzlich rund 90 Euro pro Schuljahr. Eine im österreichweiten Vergleich nicht unübliche Summe: In Salzburg können sich Schüler und Lehrlinge um 96 Euro pro Jahr im ganzen Bundesland und zu jeder Uhrzeit fortbewegen; knapp 80 Euro kostet das „Top-Jugendticket“ für Wien, Niederösterreich und das Burgenland.

Doch in Österreichs südlichstem Bundesland wurde zuletzt anderes zugesichert; kostenlose Öffi-Tickets für die Jugend im Programm der „Kärnten Koalition“ 2018 – 2023 an mehreren Stellen explizit versprochen. Die Begründung: „Alle Kinder und Jugendlichen in Kärnten sollen ein Umfeld vorfinden, das ihnen eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung ermöglicht.“

Die Realität sieht anders aus: Eine Umsetzung des Tickets wurde nie beauftragt, teilen die Kärntner Linien schriftlich mit. „Davon habe ich noch nie etwas gehört“, gibt sich eine Service-Mitarbeiterin am Telefon überrascht. Während die Opposition moniert, dass die Finanzierung ohnehin nie gewährleistet gewesen sei, wird die politische Verantwortung für das unerfüllte Versprechen unter den Regierungsparteien weitergereicht: Das Büro von SPÖ-Landeshauptmann Kaiser verweist auf ÖVP-Mobilitätslandesrat Sebastian Schuschnig. Dessen Pressesprecher erklärt wiederum, dass die Volkspartei - bereits bei den Koalitionsverhandlungen - für einen stärkeren Ausbau der Infrastruktur plädiert habe. Und nicht für kostenlose Jugendtickets. Und: Man habe die Rechnung damals ohne das im Herbst 2021 eingeführte Klimaticket gemacht.

Fest steht: Bis zum „kinder- und jugendfreundlichsten Land Europas“ ist noch ein weiter Weg. Ein Wahlversprechen wurde weitgehend umgesetzt – seit Herbst 2022 übernimmt das Land die durchschnittlichen Kosten für den Kindergartenbesuch. Die weitere Bilanz ist düster: Das gratis Öffi-Ticket für Kinder und Jugendliche wurde still und heimlich unter den Tisch gekehrt. Auch ein versprochener Jugendbeirat, um ihre Anliegen zu hören, wurde nicht installiert.

Katharina Zwins

Katharina Zwins

war Redakteurin bei profil und Mitbegründerin des Faktenchecks faktiv.