Kogler kämpft für den Klimabonus – mit einer Falschbehauptung
„(...) im Vorhinein haben die Ministerien, federführend das Finanzministerium, das (wie viel mit dem CO2-Preis eingenommen wird; Anm.) nicht richtig eingeschätzt.“
Falsch
Sollten FPÖ und ÖVP tatsächlich zu einer Koalition zusammenfinden, dann steht ihr erstes Opfer bereits fest: Der Klimabonus soll laut Plänen der beiden Parteien gestrichen und ab heuer nicht mehr ausbezahlt werden. Das entspricht einer Einsparung von knapp zwei Milliarden Euro pro Jahr.
Der Bonus war ein Prestigeprojekt der Grünen und sollte eine Kompensation für die zeitgleich im Jahr 2022 beschlossene CO2-Steuer sein. Die strategische Erwägung: Die Grünen wollten klimaschädliches Verhalten – etwa das Verbrennen von fossilen Kraftstoffen – stärker besteuern. Mit Steuererhöhungen werden aber selten Wahlen gewonnen, daher musste eine Entschädigung her. Das Ergebnis der Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen: Das Geld, das durch die Besteuerung von klimaschädlichem CO2 hereinkommt, wird an die Bevölkerung rückverteilt. Damit sollte die Akzeptanz für die Klimamaßnahme erhöht werden und die Konsumenten dazu animiert werden, weniger CO2 zu verbrauchen.
Nun dürfte der Klimabonus vor dem Aus stehen.
Die blau-schwarzen Sparpläne werden von Ökonomen durchaus begrüßt. Schließlich schütteten ÖVP und Grüne mit dem Bonus deutlich mehr Geld aus, als durch die CO2-Steuer hereinkam. Das brachte dem Klimabonus den Ruf der „Überförderung“ und „Überkompensation“ ein.
Einnahmen „nicht richtig eingeschätzt“?
Mit dieser Kritik wurde Grünen-Chef Werner Kogler vor einer Woche in der „ZIB 2“ konfrontiert. Er rechtfertigte die Überförderung damit, dass das Finanzministerium die Einnahmenprognosen durch die CO2-Steuer „nicht richtig eingeschätzt“ hätte. Das Finanzministerium weist den Vorwurf auf profil-Anfrage als „absolut unzutreffend“ zurück.
Was stimmt denn nun?
Die Fakten: Bereits 2022, im Jahr seiner Einführung, war der Klimabonus so aufgesetzt, dass deutlich mehr Geld ausbezahlt wurde als hereinkam – und das im vollen Bewusstsein der politischen Verantwortlichen. Denn die CO2-Steuer sollte ursprünglich erst mit Juli 2022 starten. Dennoch wurde der Klimabonus für das Gesamtjahr 2022 ausbezahlt. Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) erklärte damals: „Wir alle bekommen mit dem Klimabonus ein Guthaben. Und je besser wir unser Klima schützen, desto mehr bleibt am Ende davon übrig. Gerade aktuell leiden viele Menschen in Österreich unter der Teuerung. Deshalb zahlen wir im ersten Jahr den gesamten Bonus aus, auch wenn die CO2-Bepreisung erst im Juli startet.“ Der Schlüsselsatz: „So stellen wir sicher, dass am Ende alle mehr Geld übrighaben.“
Das Missverhältnis von Einnahmen und Ausgaben verschärfte sich weiter, weil die Regierung die Einführung der CO2-Steuer wegen der gestiegenen Energiepreise von Juli auf Oktober 2022 verlegte. Und der Klimabonus von 250 Euro um einen Anti-Teuerungsbonus verdoppelt wurde.
Doch auch in den Folgejahren war das grüne Prestigeprojekt ein Verlustgeschäft mit Anlauf: Laut Budgetvoranschlag für 2023 sollte eine Milliarde durch die CO2-Steuer eingetrieben und sollten 1,3 Milliarden an Klimabonus ausbezahlt werden. Die Einnahmenschätzung war beinahe eine Punktlandung, sie lag knapp über der veranschlagten Milliarde. Die Ausgaben lagen dagegen um 150 Millionen Euro über Plan.
Auch für das Jahr 2024 war den Verantwortlichen bewusst, wie viel Geld die CO2-Steuer in den Staatshaushalt spülen wird: Das Finanzministerium kalkulierte dafür mit Einnahmen in der Höhe von 1,28 Milliarden Euro. Abzüglich diverser Härtefallregeln – etwa für Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe – sollten dem Staat etwas weniger als eine Milliarde Euro an Einnahmen aus der CO2-Bepreisung bleiben. Gleichzeitig sah das Budget Klimabonus-Auszahlungen in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro vor.
Obwohl also bereits ein Delta von einer halben Milliarde Euro angenommen wurde, entschieden sich der damalige Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Klimaministerin Gewessler im Mai 2024 dafür, den Sockelbetrag auf einen Mindestbetrag von 145 Euro – je nach Wohnort ansteigend – anzuheben. Wodurch sich die Klimabonus-Auszahlungen auf 1,96 Milliarden Euro summierten, also beinahe auf den doppelten Betrag der erwarteten Einnahmen durch die CO2-Bepreisung.
Und das, obwohl das Klimabonusgesetz eigentlich einen anderen Modus dafür vorgesehen hat: Denn laut Gesetz wäre festgelegt, dass sich die Klimaministerin und der Finanzminister im Laufe des Jahres ansehen, wie sich die CO2-Bepreisung einnahmenseitig entwickelt und auf Basis dessen per Verordnung die Höhe des Klimabonus festlegen. Darauf hat man im Wahljahr aber verzichtet.
Die Grünen übermittelten auf Anfrage keine Belege für allfällige Fehlannahmen des Finanzministeriums. Sie verwiesen nur darauf, dass die CO2-Emmissionen erfreulicherweise sanken und dadurch die Einnahmen aus der Steuer geringer als erwartet ausgefallen wären. Für 2023 ist diese Darstellung nicht nachvollziehbar. Wie viel Geld die CO2-Steuer 2024 tatsächlich einbrachte, wird erst in einigen Monaten feststehen. Das ändert aber nichts am Faktum, dass jedes Jahr mehr Klimabonus-Ausschüttungen als Steuereinnahmen budgetiert waren.
Fazit
Die höheren Auszahlungen aus dem Klimabonus für die Jahre 2022 bis 2024 sind nicht durch Fehlkalkulationen des Finanzministeriums zu erklären. Die Überkompensationen waren von Anfang an in den Budgetvoranschlägen so vorgesehen und wurden von den Grünen öffentlich begrüßt („alle haben mehr Geld übrig“).