Nein, Windparks dürfen in Kärntner Nationalparks nicht gebaut werden

Vor der Windkraft-Volksbefragung am Sonntag mobilisiert die Kärntner FPÖ mit allen Mitteln. Auch mit einem rechtlichen Gutachten, aus dem die Partei schlussfolgert, dass selbst in Nationalparks Windkraftanlagen errichtet werden könnten. Das ist falsch.

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Weil das Gesetz (Kärntner Energiewendegesetz; Anm.) drüber steht, sind auch diese Bereiche nicht mehr geschützt. Das heißt: Alles, was in der Gesetzesmaterie, was Nationalparks, Biosphärenparks betrifft, nicht im Gesetz explizit angeführt ist, ist frei für Windkraftanlagen.

Erwin Angerer, Landesparteiobmann der FPÖ-Kärnten

in einer Pressekonferenz am 8. Jänner

Falsch

14 Windräder gibt es momentan in Kärnten, 32 weitere wurden bereits genehmigt oder befinden sich in Genehmigungsverfahren. Und geht es nach der Kärntner FPÖ, dann sollen künftig keine mehr dazukommen. Denn eigentlich möchten die Freiheitlichen gar keine - wie sie es nennen - „Windkraftindustrieanlagen“ in Kärnten. Schon gar nicht auf Bergen oder Almen. Dafür haben Landtagsabgeordnete der FPÖ und jene des Team Kärnten eine Volksbefragung für Sonntag, 12. Jänner, auf den Weg gebracht. 

Denn im südlichsten Bundesland kann bereits ein Drittel der Abgeordneten eine solche Befragung initiieren. Die Fragestellung wurde im Vorfeld als suggestiv kritisiert: „Soll zum Schutz der Kärntner Natur (einschließlich des Landschaftsbildes) die Errichtung weiterer Windkraftanlagen auf Bergen und Almen in Kärnten landesgesetzlich verboten werden?“

Die Befragung ist in Kärnten das bestimmende Thema. Für ein „Nein“ sprechen sich neben der ÖVP die Junge Wirtschaft, die Österreichische Gewerkschaftsjugend, die Junge Industrie, Scientists for Future, Fridays for Future, Attac Kärnten, das Klimabündnis, das Umweltreferat der katholischen Kirche und der Kärntner Klimabeirat aus.

Die FPÖ mobilisiert für ein „Ja“ und erhält dabei etwa Unterstützung vom Alpenverein.

Bei ihrer Kampagne lassen die oppositionellen Freiheitlichen nichts unversucht. In der Woche der Abstimmung präsentierten sie ein juristisches Gutachten, das zeigt, wie ein Windkraft-Verbot gesetzlich umgesetzt werden könnte. Im Zuge der Präsentation stellte der Kärntner FPÖ-Chef Erwin Angerer gar die Behauptung auf, dass die bestehende Gesetzeslage nicht einmal Nationalparks und Biosphärenparks vor dem Windkraftausbau schütze. Ein Grund dafür soll das Kärntner Raumordnungsgesetz sein, das erneuerbaren Energieprojekten grundsätzlich einen „Vorrang“ gegenüber der Erhaltung des Landschaftsbildes einräumt.

Die Fakten: Die Landesregierung aus SPÖ und ÖVP bekennt sich zum Windkraft-Ausbau, gemeinsam forcierte die Koalition das Kärntner Energiewendegesetz, das im Sommer 2024 beschlossen wurde. 

Energie-Landesrat Sebastian Schuschnig von der ÖVP will in einer Verordnung festlegen, dass nur in sieben Gemeinden im Nordosten des Landes auf insgesamt 0,26 Prozent der Landesfläche Windräder gebaut werden dürfen. Gesetze stünden aber rechtlich über Verordnungen und das Energiewendegesetz würde diese Verordnung aufheben, so die FPÖ. Somit wäre laut der Interpretation der Freiheitlichen das gesamte Bundesland Windkraftgebiet, auch National- und Biosphärenparks.

Gesetz verbietet Windräder in Nationalparks

Dabei sind Windräder im einzigen Nationalpark, der in Kärnten liegt, verboten. Das Kärntner Nationalpark- und Biosphärenparkgesetz sieht vor, dass in der Nationalpark-Kernzone „jeder Eingriff in die Natur und in den Naturhaushalt sowie jede Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verboten“ ist. Dabei ist nicht nur vom Landschaftsbild, sondern eben auch dem Schutz der Natur die Rede. Und selbst für die Außenzonen hält die Verordnung der Landesregierung über den Nationalpark Hohe Tauern fest, dass „Anlagen zur Energieerzeugung, soweit sie nicht zur Eigenversorgung von Alm- und Schutzhütten dienen“, wörtlich „verboten“ sind. 

Im Gesetz zum Biosphärenpark in den Kärntner Nockbergen schließt ein enstprechender Passus den Bau von Windparks aus: „In der Naturzone sind verboten: großtechnische Erschließungen, wie mechanische Aufstiegshilfen, Energieerzeugungsanlagen und Beherbergungsbetriebe“. 

Schließlich schreiben auch die Nationalparks Austria in einem Positionspapier: „In Nationalparks selbst ist die Nutzung von Wind- und Wasserkraft – abgesehen von fallweiser Kleinstnutzung für die Eigenversorgung, z.B. Insellösungen für Alm- und Berghütten - ausgeschlossen.“

In Naturschutzgebieten ist eine Bewilligung von Windparks faktisch ausgeschlossen.

Kärntner UVP-Behörde

Eine offene Frage ist: Wie groß sollen die Pufferzonen rund um die Nationalparkgebiete sein, in denen keine Wind- und Wasserkraftanalagen errichtet werden dürfen? Hier geraten die Positionen von Umweltschützern und Klimaschützern in Konflikt. Die Nationalparks wünschen sich großflächige Pufferzonen, Windparkbetreiber halten Anlagen grundsätzlich auch dann für unbedenklich, wenn sie direkt an Nationalparks grenzen. Doch diese Debatte führt die FPÖ nicht.

Sollte es doch Projektwerber geben, die versuchen, in National- und Biosphärenparks einen Windpark zu errichten, wäre das Unterfangen zum Scheitern verurteilt. Die zuständige Kärntner Umweltverträglichkeits-Behörde schreibt auf profil-Anfrage: „Das Schutzniveau der Natur, der Flora, der Fauna und der Landschaft in Naturparks, Landschaftsschutzgebieten oder Naturschutzgebieten ist derart hoch, dass eine Bewilligung von Windparks dort faktisch ausgeschlossen ist.“

Dazu kommt: Internationale Abkommen und Richtlinien, wie sie in den International Union for Conservation of Nature (IUCN) oder der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) und Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union  festgeschrieben sind, würden einem solchen Vorhaben sehr enge Grenzen setzen.

Fazit

Das Gutachten im Auftrag der FPÖ zeigt vor allem, wie ein allfälliges Verbot von Windrädern gesetzlich festgeschrieben werden könnte. Die Behauptung, dass aufgrund des Energiewendegesetzes, beschlossen im Sommer 2024, die Bahn frei für Windenergieanlagen auch in National- oder Biosphäreparks wäre, ist falsch. Mehrere Landesgesetze und Verordnungen stehen dem entgegen.

Ergebnis der Windkraft-Volksbefragung

Bei einer Wahlbeteiligung von rund 35 Prozent haben sich 51,55 Prozent der Kärntnerinnen und Kärntner für das Verbot von Windrädern auf Bergen oder auf Almen gestimmt, 48,45 Prozent dagegen. Rechtlich bindend ist das Ergebnis der Volksbefragung nicht.

Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.