Faktencheck

ÖVP irreführend: Tiroler Energie nicht so günstig wie in letzten Jahren

Wenn es nach Anton Mattle, ÖVP-Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen in Tirol, geht, ist der Strom in seinem Heimatbundesland so günstig wie eh und je – trotz Energiekrise. Warum seine Behauptung irreführend ist.

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Alle Parteien wissen, dass der Strompreis in Tirol bis zum 1. Juni 2023 nicht höher ist als in den letzten Jahren.

Anton Mattle

Wirtschaftslandesrat und Landesparteiobmann ÖVP Tirol, 22. Juli 2022, „Der Standard“

Irreführend

In weniger als zwei Monaten ist es so weit: Die Tirolerinnen und Tiroler wählen am 25. September einen neuen Landtag. Nach dem angekündigten Rückzug von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) geht Anton Mattle, Wirtschaftslandesrat und Landesparteiobmann der Tiroler Volkspartei, als Spitzenkandidat in den Wahlkampf. Angesichts der katastrophalen Umfragewerte der Partei kein leichtes Unterfangen. Naheliegend, dass Mattle versucht, die Wähler mit positiven Meldungen über das seit jeher schwarz geführte Bundesland für sich zu gewinnen. In einem Zeitungsinterview meinte er: „Alle Parteien wissen, dass der Strompreis in Tirol bis zum 1. Juni 2023 nicht höher ist als in den letzten Jahren.“ Ein Faktencheck zeigt: Seine Aussage ist irreführend. Auch in Tirol ist der Energiepreis zuletzt deutlich gestiegen.

In einem hat Anton Mattle zunächst recht – Energie in Tirol ist im Vergleich zu anderen Bundesländern preiswert. Die „Tiroler Wasserkraft AG“ (TIWAG), die über 200.000 Haushalte mit Strom versorgt, ist Österreichs günstigster Landesenergieversorger. Aus einem Vergleich der E-Control geht hervor: Aktuell kostet eine Kilowattstunde Energie einen Tiroler Haushalt etwa 8,5 Cent. In der Steiermark müssen Kunden mit circa 14,6 Cent pro Kilowattstunde am meisten bezahlen.

Energiepreise in Tirol 2019, 2020 und 2022 erhöht

Die Energiepreise wurden jedoch auch in Tirol in den letzten Jahren mehrfach erhöht: 2019, 2020 und zuletzt auch 2022 – anders als der ÖVP-Landesrat sagt. Vonseiten der TIWAG, die im hundertprozentigen Eigentum des Landes steht und deren Aufsichtsratsvorsitz Mattle selbst innehat, heißt es auf profil-Anfrage: „Die letzte Preisanpassung wurde am 1. Juni 2022 durchgeführt und war den anhaltend hohen Beschaffungskosten geschuldet. Bei dieser Anpassung stieg der reine Energiepreis um 14 Prozent, was auf die Gesamtrechnung umgelegt eine Verteuerung um nicht ganz sechs Prozent bedeutet.“ Zur Erklärung: Der Strompreis setzt sich aus Energiepreis, Netzentgelt sowie Steuern und Abgaben zusammen, weswegen die TIWAG auf eine Preiserhöhung von insgesamt „nur“ sechs Prozent kommt.

Die 14-prozentige Energiepreissteigerung in Tirol ist zwar vergleichsweise gering – bei der „Energie Steiermark“ etwa hat sich der Preis seit Juli 2021 fast verdoppelt (von 7,8 auf 14,6 Cent pro Kilowattstunde). Aber gleich geblieben ist der Preis auch in Tirol nicht, anders als Mattle sagt. Wie er dennoch darauf kommt? Die Ökostrompauschale sei mit Jahreswechsel weggefallen, die Elektrizitätsabgabe wurde verringert. Dazu komme der Energiegutschein, der Haushalten von den Kosten abgezogen wird. Dies führe dazu, dass die auf ein Jahr durchgerechneten Stromkosten für Tiroler Kunden im Durchschnitt gleich niedrig sein würden wie 2021, so der ÖVP-Politiker.

Bundesmaßnahmen entlasten Haushalte

Die von Mattle angeführten Maßnahmen gehen allerdings vom Bund aus. Deswegen können die Oppositionsparteien den ÖVP-Berechnungen wenig abgewinnen: Die Tiroler Landesregierung könne sich die Entlastungsmaßnahmen des Bundes nicht auf die Fahnen heften, heißt es etwa von der Liste Fritz. Vielmehr würden diese durch die Preiserhöhung der TIWAG „nicht bei den Tiroler Kunden ankommen“, meint Klubobmann Markus Sint. Auch NEOS kritisieren Mattles Behauptung. Gewerbliche Kunden wären ohnehin an den Börsenpreis gebunden und seien auch vom Paket des Bundes nicht erfasst.

Fazit

Auch wenn die Stromrechnungen der Tiroler Haushalte durch Entlastungsmaßnahmen des Bundes 2022 gesenkt werden, ist Mattles Aussage als irreführend einzustufen. Der Energiepreis in Tirol ist in den letzten Jahren gestiegen. Die Maßnahmen des Bundes kommen in ganz Österreich zur Anwendung – nicht nur in Tirol.

Katharina Zwins

Katharina Zwins

war Redakteurin bei profil und Mitbegründerin des Faktenchecks faktiv.