Rauch-Studie zu Gratis-Verhütungsmittel lässt weiter auf sich warten
Wir haben zu dieser Frage [ob die Anti-Baby-Pille künftig auch in Österreich gratis sein könnte; Anm.] eine Studie laufen. [...] Bis Mitte des Jahres oder Herbst wird die vorliegen.
Falsch
Sicher Sex haben: in Österreich ist das im Vergleich zu anderen westlichen Ländern nach wie vor ein teures Vergnügen. Denn während ein Kondom im Vorteilspack zwischen 50 Cent und einem Euro kostet, werden für Langzeitverhütungsmittel wie Hormon-, Kupfer- oder Goldspirale sowie Hormonstäbchen Einmalkosten in der Höhe von mehreren hundert Euro fällig. Und auch für die Anti-Baby-Pille fallen pro Packung (variierende Packungsgrößen – Tabletten für einen bis drei Monate) im Schnitt Kosten von rund 25 Euro an. Der grüne Gesundheitsminister Johannes Rauch kündigte deshalb Ende April des Vorjahres eine Studie an, die ausloten soll, wie die österreichweite Umsetzung von Gratis-Verhütungsmitteln funktionieren könnte und wie viel Geld es dem Bund kosten würde. Am 26.4.2023 sprach Rauch noch von Ergebnissen bis spätestens Herbst des Vorjahres, veröffentlicht wurden diese bis dato allerdings nicht.
Offiziell lässt das Gesundheitsministerium auf profil-Nachfrage ausrichten: „(…) Derzeit werden im Zuge der erwähnten Studie Überlegungen zum Strukturaufbau für die Beratung von Frauen und die Abgabe von Verhütungsmitteln angestellt und die Möglichkeit zur Durchführung eines Pilotprojekts geprüft.“ Wann mit der Präsentation zu rechnen ist, lässt das Gesundheitsministerium unbeantwortet. Aus dem Umfeld der Grünen heißt es Mitte dieser Woche dazu allerdings, dass die Studie abgeschlossen sei und die Präsentation vorbereitet werde. Ob Verhütungsmittel in Österreich künftig gratis sein werden, hänge aber auch stark vom Koalitionspartner ÖVP ab - und der zeigt sich dem Vernehmen nach eher skeptisch. Für den Zeitpunkt der Veröffentlichung sei zudem die angesprochene Pilotregion wichtig, geplant ist, diese zeitgleich vorzustellen.
Das Thema ist alles andere als neu, bereits vor vier Jahren brachte die SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion im Parlament ein, indem sie den damaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober aufforderte, dafür zu sorgen, dass die Krankenkassen die Ausgaben für Verhütungsmittel übernehmen.
Europaweit beteiligt sich der Staat in 20 europäischen Ländern an den Kosten: In Deutschland übernehmen beispielsweise die Krankenkassen bis zum vollendeten 22. Lebensjahr die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel. Finanziert wird – mit dem dazugehörigen Rezept – somit die Pille, Spiralen, Verhütungspflaster oder der Vaginalring. Seit 1. Jänner 2022 sind in Frankreich die Anti-Baby-Pille und weitere Verhütungsmittel wie die Spirale für unter 25-Jährige kostenlos, ein Jahr später folgten Kondome, die für alle unter 26 gratis in Apotheken vergeben werden. Auch in Italien hat die italienische Arzneimittelbehörde (AIFA) beschlossen, dass die Anti-Baby-Pille künftig für alle unter 26 Jahren gratis sein wird. Im rund 60 Millionen Einwohner Nachbarland kalkuliert man dafür mit Kosten von 140 Millionen Euro.
„Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, unabhängig von monetären Barrieren und unter Beratung von Fachkräften eine Verhütungsmethode zu wählen, die zur Lebenssituation und dem eigenen Körper passt. Renommierte Institutionen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben dieses Recht schon vor Jahrzehnten anerkannt und nehmen Staaten in die Pflicht, die reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung zu fördern", sagte die Initiatorin des Volksbegehrens „Gratis Verhütung für ALLE!“ Aisha Gstöttner vor rund einem Monat.
Fazit
In vielen europäischen Ländern beteiligt sich der Staat an den Kosten für Verhütungsmittel. Ob und wie das in Österreich künftig gehandhabt wird, hat die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) im Auftrag des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) untersucht. Mit seiner Ankündigung, die Ergebnisse würden im Herbst 2023 vorliegen, hat sich der Gesundheitsminister jedoch zu weit aus dem Fenster gelehnt. Offiziell wird noch an der Studie gearbeitet, Rauchs Aussage aus dem April des Vorjahres ist somit falsch.