Faktencheck: SPÖ-Konflikt-Spezial

Doskozils Mindestlohn bringt Landesthermen unter Druck

Funktioniert Doskozils Mindestlohn auch in der Privatwirtschaft? Ja, sagt der burgenländische Landeshauptmann und verweist auf die Thermen des Landes. Geschäftsberichte zeichnen allerdings ein anderes Bild.

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Wir haben eine Kurbad GesmbH, wir haben die Therme Lutzmannsburg, da zahlt das Land nichts. Das sind zwei Betriebe, die müssen sich am Markt bewerben und bewähren, die haben den Mindestlohn umgesetzt und das funktioniert.

Hans Peter Doskozil

SPÖ-Landeshauptmann Burgenland, ORF-Report, 25. April 2023

Unbelegt

Versprochen – gehalten. Die Burgenländische Landesregierung unter Hans Peter Doskozil hat Anfang 2020 für alle Landesbedienstete einen Mindestlohn eingeführt – in Höhe von 1700 Euro netto. Inzwischen ist der Betrag auf 2000 Euro angestiegen. 2021 wurde der Mindestlohn auf die landeseigenen Thermen ausgerollt.

Doskozil fordert private Unternehmen immer wieder dazu auf, „seinen Mindestlohn“ zu übernehmen. Kritische Gegenargumente, dass starke Lohnsteigerungen Firmen in die Krise stürzen und damit Jobs gefährden könnten, wischt der Landeshauptmann immer wieder weg. Etwa in einem Interview Ende April mit dem ORF-Report. Sein Argument: Auch landeseigene Tourismusbetriebe, die im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stünden, hätten den Mindestlohn eingeführt. Als Beispiel führte Doskozil die Kurbad GmbH und die Therme Lutzmannsburg im Eigentum des Landes an: „Diese haben den Mindestlohn umgesetzt und liefern auch eine Dividende bei gleichbleibenden Preisen für die Kunden ab. (...) Da zahlt das Land nichts. Das sind zwei Betriebe, die müssen sich am Markt bewerben und bewähren, die haben den Mindestlohn umgesetzt und das funktioniert.“ Ist es wirklich so einfach?

Die Sonnentherme Lutzmannsburg GmbH sowie die Kurbad Tatzmannsdorf GmbH, die der Landeshauptmann nennt, sind beides Unternehmen der Landesholding Burgenland, einer Tochtergesellschaft des Landes mit rund 80 Unternehmen und fast 5000 Mitarbeitern. In Lutzmannsburg – aufgrund der vielen Wasserrutschen ist die Therme vor allem bei Familien mit Kleinkindern beliebt – „funktioniert“ der 2021 eingeführte Mindestlohn gut, heißt es von Seiten der Geschäftsführung zu profil: „Dies zeigt alleine das Geschäftsjahr 2022, in welchem wir wieder einen Gewinn ausweisen werden.“ Belege hierfür schickt das Unternehmen keine. Zuschüsse für den Betrieb zahle das Land jedenfalls nicht, heißt es. Lediglich eine „Sonderzahlung für das Eigenkapital“ erfolgte im Zuge der Corona-Pandemie. 

In Bad Tatzmannsdorf wird ähnlich argumentiert; Dividenden bleiben aktuell allerdings aus – anders als Doskozil behauptet. Der Grund sei jedoch nicht der Mindestlohn, vielmehr stelle der von Covid-19 besonders betroffene Kurbereich schlicht den wesentlichen Teil des Umsatzes. „Die derzeitigen Budgetplanungen sehen aber vor, dass wir spätestens im Jahr 2025 wieder ausschüttungsfähigen Gewinn erwirtschaften werden“, erklärt Geschäftsführer Andreas Leitner. Nachweise liefert der ehemalige Büroleiter von Landeshauptmann Doskozil keine. faktiv-Recherchen zeigen jedenfalls: Aus einem Geschäftsbericht vom Juni 2021 geht hervor, dass mit der Einführung des Mindestlohns für 212 Mitarbeiter Mehrkosten von 1,2 Millionen Euro jährlich anfallen, die sich „negativ auf das Betriebsergebnis auswirken“, wie Leitner selbst anführt. Ein Prüfungsbericht des Landesrechnungshofes vom Mai 2022 beschreibt, dass die Umstellung auf den Mindestlohn in der Kurbad Tatzmannsdorf GmbH jährlich Mehrkosten von 1,75 Millionen Euro verursacht: „Angesichts der zu befürchtenden nachteiligen Auswirkungen auf die Lohnkostenquote (…) und in Hinblick auf die stagnierende Umsatzentwicklung“ plädiert der Landesrechnungshof für eine „dringend notwendige Festlegung der strategischen Ausrichtung“ der Gesellschaft. Außerdem: Das Land hat sich Ende 2020 verpflichtet, bis 2024 insgesamt acht Millionen Euro an den Betrieb zuzuschießen.

Das klang bei Doskozil freilich anders. Was der SPÖ-Landeshauptmann selbst dazu sagt? Auf eine profil-Anfrage folgte keine Antwort. Seine Behauptung ist insgesamt als unbelegt einzustufen.

faktiv-Spezial

Dieser Text ist Teil einer Faktencheck-Serie zum Rennen um den SPÖ-Vorsitz. Dabei unterzieht die faktiv-Redaktion zentrale Positionen und Ideen der drei Bewerber einer genauen Prüfung.

Katharina Zwins

Katharina Zwins

war Redakteurin bei profil und Mitbegründerin des Faktenchecks faktiv.