Von Nehammer bis Belakowitsch: Wer die Patientenmilliarde versprach
Der Auftritt erinnerte an Ex-US-Präsident Donald Trump, der bekannt dafür ist, es mit den Fakten nicht ganz so genau zu nehmen: ZIB2-Anchor Martin Thür hielt der freiheitlichen Sozialsprecherin und Vize-Klubobfrau im Nationalrat, Dagmar Belakowitsch, ihre Aussage aus dem September 2018 vor. Damals war noch die türkis-blaue Regierung unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache im Amt und hatte eben erst eines ihrer vermeintlichen Leuchtturmprojekte beschlossen: Die Fusion der Krankenkassen. Belakowitsch behauptete damals, wie viele andere FPÖ- und ÖVP-Politiker: Die Reform werde eine Milliarde an Einsparungen bringen, die den Patienten zugutekomme. Ein Rohbericht des Rechnungshof, aus dem profil am Wochenende exklusiv zitierte, zeigt allerdings, dass dieses Versprechen nicht einmal ansatzweise eingehalten werden konnte: Statt der Milliardeneinsparung wird die Fusion bis 2023 Mehrkosten von 215 Millionen Euro verursachen.
Thür wollte also von Belakowitsch wissen, was aus der Ankündigung aus dem Jahr 2018 wurde. Belakowitsch versuchte, die Tatsachen zu leugnen: „Ich habe diese Aussage niemals getätigt...“
Wenig überraschend liegt Thür richtig: Am 14. September 2018 kündigte Belakowitsch in einer Presseaussendung der FPÖ die Patientenmilliarde an – die Aussendung ist bis heute online abrufbar. Die freiheitliche Sozialsprecherin ist aber nicht die einzige Politikerin, die mit ihrem Milliardenversprechen daneben lag. faktiv fand sieben weitere Politiker: Von Karl Nehammer bis August Wöginger. Letzterer verteidigte die Kassenfusion sogar noch im März 2020 - auf die Frage, ob er bei der Patientenmilliarde bleibe, antwortete er in der ORF-Sendung „Hohes Haus" überzeugt: „Selbstverständlich".
Bis 2023 wird es eine Patientenmilliarde geben. Wir sparen in der Verwaltung, wir sparen bei den Funktionären, wir sparen im System und schaffen es so, eine Milliarde bis 2023 zu lukrieren, die wir unmittelbar für die Patientinnen und Patienten investieren wollen.
Falsch
Insgesamt wird in der Verwaltung eine Milliarde Euro gespart. Ich breche herunter: Aus einer Funktionärsmilliarde wird eine Patientenmilliarde.
Falsch
Wir sparen im System, in der Verwaltung und lukrieren dadurch eine Patientenmilliarde, die letzten Endes den Versicherten auch wieder zur Verfügung gestellt wird. (...) Unser Ziel ist es, und das bilden wir hier mit diesem Gesetzesvorschlag ganz eindeutig ab, dass wir im System sparen, in der Verwaltung sparen und letzten Endes bis Ende 2023 eine zusätzliche Milliarde für wichtige Gesundheitsprojekte zur Verfügung stellen können.
Falsch
Der Patient steht bei der Kassenreform im Mittelpunkt – aus der Verwaltungsmilliarde wird eine Patientenmilliarde.
Falsch
Das vieldiskutierte Einsparungspotenzial von einer Milliarde Euro kann durch die Reduktion beim Personal- und Sachaufwand von insgesamt 30 Prozent bis 2023 lukriert werden.
Falsch
Die Einsparungen, die im System selbst gemacht werden: 200 Millionen Euro pro Jahr, aufgrund einer einheitlichen Gebühreneinhebung und Gebührenkontrolle. Das sind in fünf Jahren bereits eine Milliarde Euro, aber sie bleiben im System der Versicherungsanstalten und nicht beim Bund. Und das ist das Geld, das dann für die Versicherten zwischen Neusiedler See und Bodensee – leistungsgerecht – zur Verfügung steht.
Falsch
Durch diese neue, schlankere und effizientere Struktur gelingt es uns vor allem, bis zum Jahr 2023 Einsparungen von insgesamt einer Milliarde Euro zu schaffen.
Falsch
Die Patientenmilliarde lässt sich darstellen, das werden wir auch noch tun.
Falsch