Warum Frauen weniger Pension bekommen als Männer
Der 1. August 2021 ist ein besonderer Tag. Er markiert den bundesweiten Equal Pension Day, also jenen Tag, der auf den Unterschied bei Pensionen zwischen Männern und Frauen aufmerksam macht. Und die Differenz ist groß: Frauen bekommen in Österreich durchschnittlich um 851 Euro im Monat weniger als Männer auf ihr Pensionskonto ausbezahlt. Die Gründe dafür sind vielseitig.
„Die Einkommensschere setzt sich im Alter weiter fort. Der österreichweite Equal Pension Day zeigt diese ungerechte Verteilung auf“, sagt die Wiener Frauenstadträtin Kathrin Gaál. Der Tag wurde von der Stadt Wien für den Österreichischen Städtebund bereits zum siebten Mal berechnet. Was der Equal Pension Day genau bedeutet? An jenem Tag haben Männer bereits so viel Pension erhalten wie Frauen im gesamten Jahr bekommen werden. Die Aufstellung dazu zeigt große regionale Unterschiede: In Wien ist die Differenz bei den Pensionen am geringsten, Schlusslicht ist Vorarlberg.
Das Erreichen des bundesweiten Equal Pension Day dauerte dieses Jahr 48 Stunden länger als noch 2020: Da fiel der Tag bereits auf den 30. Juli. Dieser vorsichtig positive Trend lässt sich bei der Betrachtung der Vorjahre noch stärker erkennen, denn seit 2015 hat sich der Equal Pension Day in Österreich um sechs Tage nach hinten verschoben. „Ich sehe die aktuellen Entwicklungen mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Christine Mayrhuber, Ökonomin am WIFO auf profil-Anfrage: „In Österreich haben zwar immer mehr Frauen einen eigenen Pensionsanspruch. Die Pensionen sind aber noch immer sehr gering.“ Wie viel niedriger als die von Männern zeigt die Aufstellung der Stadt Wien: Frauen erhalten österreichweit im Durchschnitt um 41,6 Prozent weniger Pension als Männer.
Ursachen sieht Mayrhuber vor allem in der unterschiedlichen Entlohnung, dem „Gender Pay Gap“: Laut Eurostat verdienten Frauen in Österreich 2019 um 19,9 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Warum? „Das Lohnniveau ist niedriger, weil typische Frauenberufe zum Beispiel schlechter bezahlt sind“, sagt die Expertin. Eine weitere Schwierigkeit hinsichtlich der geringeren Pension sei die kürzere Versicherungsdauer. Frauen verfügen über weniger Beitragsjahre, weil sie vermehrt Betreuungspflichten von Angehörigen und Kindern übernehmen. Außerdem leisten Frauen einen großen Teil der unbezahlten Arbeit – zum Beispiel im Haushalt. Dieses Urteil fällt auch Ingrid Moritz, Leiterin der Frauenabteilung in der Wiener Arbeiterkammer, in einem Gespräch mit profil: „Die ungerechte Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern ist das Problem.“ Durch die mangelnde Aufsplittung der unbezahlten Arbeit sei Teilzeitbeschäftigung unter Müttern mittlerweile fast zur Norm geworden.
Was tun? „Man muss die Unterschiede im Pensionssystem und am Arbeitsmarkt ausgleichen – gleichzeitig“, so das Urteil von WIFO-Ökonomin Mayrhuber. Diskrepanzen durch betreuungsbedingte Unterbrechungen, die kürzere Versicherungszeiten mitbegründen, seien ein Ansatzpunkt. „Der Arbeitsmarkt ist aber der viel wichtigere Hebel, denn diese Ungleichheit kann das Pensionssystem nicht ausgleichen.“ Hier brauche es auch ein Umdenken der Betriebe, eine Umgestaltung ihrer Arbeitsplätze sowie Weiterqualifizierungen, damit Frauen erst gar nicht ihren Job verlieren. Da die Arbeitslosigkeit bei älteren Frauen besonders hoch sei, wären auch Umschulungen ein probates Mittel, meint Mayrhuber. Expertin Moritz bestätigt: „Eine Studie zur Erwerbsstruktur von Frauen zeigt, dass vergleichsweise wenige direkt aus der Erberbstätigkeit in die Pension gehen. Viele hören davor schon auf zu arbeiten." Das habe zumeist mit den harten Arbeitsbedingungen zu tun, etwa in der Pflege- oder der Reinigungsbranche.
Die vielfältige Problematik der Pensionslücke zwischen Frauen und Männern ins Rampenlicht zu rücken – darum gehe es laut Moritz nun beim Equal Pension Day: „Der Druck, dass man Lösungen findet, wird dadurch erhöht.“