Causa Eurofighter: Gesetzesblindflug
Die Causa Eurofighter ist um eine Kuriosität reicher: Mehr als zwei Jahre lang lief ein Ermittlungsverfahren gegen die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH und gegen die Airbus Defence and Space GmbH, bevor die Staatsanwaltschaft zur Ansicht gelangte, dass es für einen wichtigen Teil davon gar keine gesetzliche Grundlage gäbe. Nun bestätigte das Landesgericht Wien die Einstellung - ohne inhaltlich zu prüfen, ob die Meinung der Staatsanwaltschaft stimmt.
Vor wenigen Tagen berichtete profil, dass die Finanzprokuratur, die die Republik Österreich vertritt, und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ( WKStA) Beschwerde gegen eine gerichtlich verfügte Teileinstellung in der Causa Eurofighter erhoben hatten. In Bezug auf einen anderen Teil der Ermittlungen ist – wie sich nun herausstellt – der Zug jedoch endgültig abgefahren. Am 26. Mai 2020 hat das Landesgericht Wien einen Antrag der Finanzprokuratur auf Fortführung eines bestimmten Ermittlungsteils als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschluss liegt profil vor – und er birgt die eine oder andere Überraschung.
Auch in diesem Verfahrensteil ging es um die Anzeige gegen die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH und die Airbus Defence and Space GmbH, die die Republik Österreich im Februar 2017 – auf Betreiben des damaligen Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil – eingebracht hatte. Der Kernvorwurf: Österreich sei „vor, bei und auch nach“ dem Kampfjet-Kauf 2003 über wesentliche Umstände getäuscht und dadurch geschädigt worden.
Vorwurf der Täuschung
Die Staatsanwaltschaft Wien leitete dazu Ermittlungen ein, Anfang 2019 wechselte die damit betraute Staatsanwältin samt Akt zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Am 1. April 2019 kam es zur berühmt gewordenen Dienstbesprechung zwischen WKStA, Oberstaatsanwaltschaft Wien und Vertretern des Justizministeriums. Im August 2019 stellte die WKStA dann die Ermittlungen gegen Eurofighter und Airbus insoweit ein, als es um den Vorwurf der Täuschung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahr 2003 ging.
Entscheidend war hier nicht die Frage, ob es eine solche Täuschung gegeben hatte oder nicht – alle Betroffenen bestreiten die Vorwürfe übrigens vehement. Entscheidend war, dass das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, auf dessen Grundlage auch Unternehmen strafrechtlich verfolgt werden können, zum damaligen Zeitpunkt nicht anwendbar gewesen sei. Es trat nämlich erst 2006 in Kraft. Die Republik argumentiert, es wäre bis zum Abschluss eines Vergleichs zwischen Österreich und den Jet-Herstellern im Jahr 2007 zu fortgesetzten Täuschungshandlungen gekommen, woraus sich eine „Handlungseinheit“ ergäbe. Die WKStA sah das 2019 dann anders. Bemerkenswert scheint, dass die Staatsanwaltschaft mehr als zwei Jahre lang gebraucht hat, um eine so grundlegende Frage zu entscheiden.
Tanner will nicht locker lassen
Ob die Einschätzung der Staatsanwaltschaft inhaltlich richtig ist, wurde vom Gericht, das nun endgültig einen Schlussstrich gezogen hat, offenbar gar nicht geprüft. Dazu hätte die Finanzprokuratur ihren Fortführungsantrag auf eine andere Ziffer des entsprechenden Paragraphen stützen müssen, wird argumentiert. Im Beschluss heißt es, die „abweichende Version, derzufolge die Täuschungshandlungen von einem einheitlichen Gesamtvorsatz getragen waren“ sei zwar „mit detailliert dargestellten Argumenten“ vorgebracht worden. Sie könne der rechtlichen Beurteilung vom Gericht jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Es dürfe nicht „über den vom Antragsteller gesteckten Rahmen hinaus amtswegig (zum Nachteil des Beschuldigten)“ tätig werden. Auch was dieses Paragraphen-Thema betrifft, gibt es durchaus unterschiedliche Rechtsansichten. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist allerdings nicht möglich. Die beim Obersten Gerichtshof angesiedelte Generalprokuratur könnte jedoch eine sogenannte Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erheben.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner will in der Causa Eurofighter jedenfalls nicht locker lassen: „Wir werden weiterhin alle rechtlichen Schritte unternehmen, um von der Eurofighter GmbH und von Airbus im Interesse der österreichischen Steuerzahler Wiedergutmachung zu erhalten. Ich habe den Präsidenten der Finanzprokuratur beauftragt, das weitere Vorgehen zu prüfen.“